In der Pandemie bleibt der Teamgeist auf der Strecke

Wie wird Tokio im Nachhinein gesehen werden? Als Erfolg? Als Misserfolg? Als irgendetwas dazwischen. Auf der Zielgeraden kann sich ja noch einiges klären. Das gilt sowohl für die Stadt als Austragungsort, für Japan als Gastgeber unter Corona-Bedingungen, wie auch für die deutschen Olympia-Mannschaft.

Zuerst einmal die Mannschaft als Ganzes. Hunderte Olympioniken reisten an, ein enormer Aufwand wurde betrieben, über Jahre, und wie viele kehren mit Lorbeer bekränzt zurück? Da wird – einerlei, wie oft bestritten –, zunächst einmal der Medaillenspiegel als Maßstab herhalten, natürlich, weil man sich doch immer vergleicht. Der ganze Sport ist ein einziges Sich-Vergleichen, aneinander messen.

Dann, bei feinerer Analyse, wird geschaut, wer wo unter welchen Umständen welches Ergebnis erzielt hat. Ein siebter Platz etwa ist auch ein Sieg – und sei es über sich selbst. Das ist womöglich der größte.

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Zu guter Letzt, wenn es dann um Förderung in den kommenden Jahren geht, wenn der Bundesinnenminister als Sportminister auf den Plan kommt, wenn die (neuen) Abgeordneten des Bundestages sich mit allem im Sportausschuss befassen, dann geht es um die Mannschaft als Ganzes, ja – aber auch um die Mannschaften im Einzelnen.

Mannschaft, Frauschaft, Elf, Team – das Frappierende an diesen Olympischen Spielen ist das Abschneiden in den reinen Teamsportarten. Im Hockey, Handball, Fußball, Basketball. Schon gibt es Fragen, ob wir Deutsche nicht mehr zum Team befähigt seien. Zumal manche es noch nicht einmal bis nach Tokio geschafft hatten, nur sieben von 18 Mannschaften qualifizierten sich. Und die kehren ohne Medaille zurück, erstmals seit den Spielen von Atlanta 1996.

Woran das liegt? Hier erste Mutmaßungen: Weil sich das große, überwölbende Wir-Gefühl der Mannschaft als Ganzes unter Coronabedingungen nicht entwickeln konnte. Nähe auf Abstand – das gelingt in Tokio nicht. Dann in Ansprüchen an Amateure, die ein Leben neben dem Sport bestreiten, als seien sie Profis. Bei manchen Teams ist die Spitze trotzdem ganz nah.

Und als Letztes vielleicht daran: In einer sich zunehmend vereinzelnden Gesellschaft muss das Sich-Einordnen in ein Team noch besser begründet werden: mit Emphase, mit Beispielen für gemeinschaftliches Glück, mit der Beschreibung dessen, was Zusammenarbeit von Menschen an Gutem bewirken kann. „Verbunden wird auch der Schwache mächtig“, wie Friedrich Schiller sagte. Das Wir kann immer über das Ich siegen. So wie Teamarbeit eine strategische Entscheidung ist, ist es dann auch eine, Teams stärker zu fördern. Die nächsten Olympischen Spiele kommen bestimmt.