Trotz elf Niederlagen in Serie: Warum der 1. FC Union zu Urs Fischer hält
Viel schlimmer kann die Woche kaum werden für Urs Fischer. Am Dienstag kassierte seine Mannschaft die elfte Pflichtspielniederlage in Folge und schied aus dem DFB-Pokal aus. Unmittelbar danach sah der Trainer des 1. FC Union dann die Rote Karte, weil er den Schiedsrichter Sascha Stegemann zu aggressiv angesprochen hatte. Am Donnerstag kam dann die Bestätigung des DFB, dass Fischer für ein Spiel gesperrt sein würde. Ein Unglück kommt ja selten allein. Oder wie die Engländer sagen: Wenn schon Regen, dann gleich Platzregen.
Am Sonnabend soll aber in Berlin die Sonne scheinen, und weil seine Sperre nur im Pokal gilt, wird Fischer auf der Bank sitzen. Im Bundesliga-Spiel gegen Eintracht Frankfurt (15:30, Sky) steht die nächste Chance an, die verheerende Pleitenserie zu beenden und in dieser Saison endlich wieder Fuß zu fassen. Die letzte Chance wird es für Fischer aber wohl nicht sein. Denn zumindest für den Moment scheint der Schweizer noch sicher in seinem Amt.
Fischers Wutanfall nach dem Pokal-Aus in Stuttgart wirkte zwar ein bisschen wie ein Wendepunkt in dem dramatischen Absturz der Köpenicker. Wenn sogar der Schweizer Ruhepol den Kopf verliert, dann müssen die Nerven wirklich blank liegen. Doch anstatt den Trainer infrage zu stellen, hat man ihm daraufhin nur weiter den Rücken gestärkt.
Wie Vereinspräsident Dirk Zingler im Programmheft zum Sonnabend ausdrücklich bestätigte, hält Union zu Fischer. Das tue man „nicht aus Dankbarkeit für seine Leistungen in der Vergangenheit, sondern weil wir überzeugt davon sind, dass er ein hervorragender Trainer ist, der diese schwierige Aufgabe lösen kann.“ Der Trainer selbst zeigte sich am Freitag sehr dankbar für das Treuebekenntnis. „In einer solchen Situation ist es enorm wichtig, das Vertrauen zu spüren“, sagte er.
Ich bin mir bewusst, dass ich keine Jobgarantie habe
Urs Fischer
Vermutlich gilt dieses Vertrauen nicht nur kurzfristig. Denn wie Zingler auch in seinem Text betonte, wird der Weg aus dieser Krise „lang und steinig“ sein, und aktuell gibt es noch wenig Licht am Ende des Tunnels. Mit Frankfurt, Neapel und Bayer Leverkusen stehen in der nächsten Woche drei äußerst schwere Gegner an. Es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass Union mit vierzehn Niederlagen in Folge in die nächste Länderspielpause geht.
Bei vielen anderen Vereinen würde man wohl spätestens dann die Reißleine ziehen. Bei Union dürfte das aber anders sein, und dafür gibt es tatsächlich auch andere Gründe als Nostalgie und Rührseligkeit.
Zum einen gibt es aktuell keinen logischen Nachfolger. Vom Spielstil und Charakter her bleibt Urs Fischer der Trainer, der langfristig am besten zu Union passt, und kurzfristig denkt man in Köpenick eher ungern. Ob es taktisch oder psychologisch überhaupt etwas bringen würde, den Trainer zu wechseln, ist ohnehin fraglich, zumal die Mannschaft noch klar hinter Fischer steht. „Urs Fischer ist der Richtige“, sagte Kapitän Christopher Trimmel am Dienstag.
So miserabel die aktuelle Phase auch ist, auf dem Feld läuft nicht alles schlecht. Die Grundlagen des Fischer-Fußballs kriegt die Mannschaft über weite Strecken noch gut hin, auch wenn sie die teuren individuellen Fehler dringend abstellen muss. In der Offensive dagegen muss erstmal der psychologische Knoten platzen, bevor Union wieder Fuß fassen kann. „Es hilft nicht, wenn Du beginnst, zu viel zu überlegen“, sagte Fischer am Freitag zur aktuellen Torflaute.
Insofern kann es auch guttun, dass in der Trainerfrage zunächst etwas Klarheit herrscht. Womöglich wird jetzt nicht die nächste Woche, sondern der Dezember für Fischers Zukunft entscheidend sein. Dann stehen nämlich Spiele gegen Gladbach, Köln und Bochum an, die richtungsweisend für den Abstiegskampf sein könnten.
Für immer und ewig wird man Urs Fischer aber nicht verlieren dürfen. „Ich spüre dieses Vertrauen, aber ich bin mir auch bewusst, dass es keine Jobgarantie ist“, sagte er. „Am Schluss geht es auch darum, Schritte zu machen und Entwicklungen zu sehen.“