Deutsche Handballer stehen im Halbfinale: Niederlage gegen Kroatien bremst die Partystimmung nur leicht
Das Publikum erhob sich. Als die deutschen Handballer in Rückstand gerieten, griffen die 19.750 Menschen in der ausverkauften Köln-Arena stimmungsvoll ein, klatschten ihr Team nach vorn und pfiffen den Gegner lautstark aus, wenn dieser am Ball war. Trotz dieser Unterstützung unterlag die DHB-Auswahl am Mittwochabend allerdings deutlich 24:30 (14:13) gegen Kroatien.
Gefeiert wurde dennoch, denn ins Halbfinale der Europameisterschaft zogen Kapitän Johannes Golla und Co. ungeachtet der Niederlage ein. „24 Fehlwürfe sind natürlich zu viel, aber in zwei Tagen zählt es, nicht jetzt“, sagte Torhüter Andreas Wolff mit Blick auf das Halbfinale am Freitag gegen Dänemark in der ARD.
Derweil war die Situation vor Anpfiff etwas skurril gewesen. Während es für die Kroaten bei diesem Turnier um nichts mehr als die Ehre ging, gab es immer noch das Ziel Olympia – und das war am ehesten greifbar, wenn Deutschland ins Halbfinale einzieht.
Am Spieltagsmorgen bedeutete das noch, dass der WM-Neunte bestenfalls verliert, damit sich die Wahrscheinlichkeit auf einen der noch zu vergebenen Plätze für ein Qualifikationsturnier erhöht. Denn da die Favoriten Frankreich und Dänemark bereits ein Ticket für Paris sicher haben, können Schweden und die DHB-Auswahl mit einem dritten Platz nämlich ebenfalls alles für diesen Sommer klar machen, wodurch ein weiterer Quali-Platz frei werden würde.
Dass nun Deutschland bereits im Halbfinale stand, bevor das Spiel gegen die Kroaten angepfiffen wurde, weil zunächst Island mit 26:24 gegen die Österreicher siegte und im Anschluss Frankreich Ungarn keine Chance ließ und sich ein 35:32 erspielte, veränderte das Gesamtbild binnen weniger Stunden. So ging es ergebnistechnisch nun für beide Seiten um nichts mehr.
Das deutsche Team lässt zu viele Chancen liegen
Selbst wenn die Motivation dadurch vielleicht etwas gelitten hatte, begannen beide Teams mit ihren üblichen Startformationen. Dabei war den Kroaten um den Kieler Welthandballer von 2013, Domagoj Duvnjak, anzumerken, dass sie sich um einen versöhnlichen Turnierabschluss bemühten.
Schließlich hatte die Adria-Nation zwar fulminant mit einem 39:29-Sieg gegen Spanien begonnen, danach jedoch stark nachgelassen – nicht zuletzt, weil Duvnjak für zwei Spiele durch die allgemein beim Turnier um sich greifende Grippewelle aus dem Verkehr gezogen worden war und mit dem Melsunger Ivan Martinovic ein weiterer Leistungsträger früh verletzt ausfiel.
Gegen die Heimmannschaft wollte sich der Olympiasieger von 2004 nun noch einmal besser verkaufen und schaffte es nicht selten, die Arena verstummen zu lassen. So blieb es in der Anfangsphase zunächst ausgeglichen, bevor die Kroaten nach einer guten Viertelstunde mit 8:6 in Führung gingen und das Spiel übernahmen.
Das lag allerdings nicht nur am beherzten Auftritt der Weiß-Roten, sondern vor allem an der schlechten Wurfeffektivität der DHB-Auswahl. Dann aber kam das Publikum, dann steigerten sich Kapitän Johannes Golla und seine Mitspieler.
Im zweiten Durchgang folgte jedoch der erneute Bruch, weil Bundestrainer Alfred Gislason munter durchwechselte und auch jungen Spielern wie Nils Lichtlein, David Späth und Renars Uscins die Möglichkeit gab, sich zu beweisen. Das kann schließlich für das bevorstehende Halbfinale gegen Weltmeister Dänemark am Freitag in puncto Belastungssteuerung, aber ebenso bezüglich möglicher Alternativen nur von Vorteil sein. Selbst mit den heimischen Zuschauern im Rücken konnte die Niederlage dann aber nicht mehr abgewendet werden.
Für die Deutschen geht damit trotzdem ein kleiner Traum in Erfüllung. Hier, im „Mekka des Handballs“, wo die Sieger der Champions League gekrönt werden und wo die DHB-Auswahl 2007 bei der Weltmeisterschaft ihr Wintermärchen feierte, soll nun das nächste Wunder geschehen. In der Kölner Arena will das deutsche Team die erste Medaille seit acht Jahren holen – und wieder eine Handballparty feiern.