Hertha BSC und das Gastspiel bei Borussia Dortmund: Sandro Schwarz hält an der Dreierkette fest

Florian Niederlechner hat in dieser Woche glaubhaft versichert, wie gut er bei seinem neuen Arbeitgeber aufgenommen worden ist, dass er sich wohl fühlt bei Hertha BSC fühlt und seine Kollegen ausgesprochen umgänglich sind. Trotzdem hat der Offensivspieler, der in diesem Winter vom FC Augsburg nach Berlin gekommen ist, schon Momente erlebt, in denen er sich ziemlich alleingelassen gefühlt hat.

Diese Momente lassen sich sogar ziemlich exakt terminieren: auf Sonntag, den 12. Februar 2023, in der Zeit von 15.30 bis etwa 15.50 Uhr. Es waren die ersten 20 Minuten in Herthas Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach, in dem Niederlechner mit Jessic Ngankam eine Doppelspitze im neuen 3-5-2-System des Berliner Fußball-Bundesligisten bildete.

Gemeinsam versuchten sie, mit aggressivem Anlaufen Druck auf den ballführenden Spieler der Gladbacher aufzubauen. Aber das funktionierte zumindest in dieser Phase der Partie überhaupt nicht.

„Wir sind ein paar Mal angelaufen, und ich habe gedacht, die Jungs kommen jetzt schon mit. Dann habe ich mich umgedreht, und der Abstand war zu groß“, berichtete Niederlechner. Die Jungs hinter ihm waren nämlich nicht mitgekommen. Sie verharrten weit hinten, so dass in Niederlechners Rücken eine riesige Lücke klaffte, die von den Gladbachern genüsslich bespielt wurde. „Wenn der Kopf nicht mitspielt, will man eher defensiv stehen, die Null halten“, sagt Niederlechner.

Der gewünschte Effekt des Strukturwandels, wie Herthas Trainer Sandro Schwarz die Systemumstellung genannt hat, stellte sich daher zunächst nicht ein. Im Gegenteil: Das Experiment drohte früh zu scheitern.

Aber das lag nicht an der neuen Grundordnung, es lag vor allem an der fehlerhaften Interpretation dieser Grundordnung. „Dieses System hängt logischerweise auch an dem Mut, am Vorwärtsverteidigen unserer Außenverteidiger mit unseren Achtern plus den seitlichen Innenverteidiger“, sagt Schwarz.

Wenn man Dortmund spielen lässt und nur abwartet, kann man die Minuten zählen, bis es scheppert.

Florian Niederlechner, Stürmer von Hertha BSC

Man dürfe nicht vergessen, dass die Mannschaft fast immer 4-3-3 gespielt habe, erläutert Florian Niederlechner. „So ein Systemwechsel dauert einfach auch ein bisschen. Zum Glück hat’s nicht so lang gedauert in dem Spiel. Der Gegner hatte eigentlich keine Torchancen mehr. Darum war es schon sehr wichtig, dass wir so gespielt haben.“

Sandro Schwarz zeigte der Mannschaft in der Pause einige Videosequenzen, wie er sich die Interpretation der neuen Grundordnung vorstellte: deutlich mutiger nämlich. Das brauche es in diesem System. „Und weil wir mit einem Mann mehr im Zentrum die Sicherung haben, können wir auch mutig sein“, sagte Herthas Trainer. „Die Jungs haben das sehr gut umgesetzt.“

Warum also etwas verändern, wenn Hertha an diesem Sonntag (17.30 Uhr, live bei Dazn) bei Borussia Dortmund antritt? Never change a winning system? „Ja, korrekt“, antwortet Sandro Schwarz. „Die Dreierkette hat sehr gut harmoniert im Abwehrverbund. Logischerweise ist das die Option für Sonntag.“

Die Bilanz des BVB 2023: sieben Spiele, sieben Siege

Von den anfänglichen Schwierigkeiten war nach dem 4:1 gegen Borussia Mönchengladbach, dem ersten Sieg des Jahres nach zuvor vier Niederlagen, keine Rede mehr. „Das neue System hat uns wahrscheinlich in die Karten gespielt“, sagte Marco Richter, der als Schienenspieler die rechte Seite beackert hatte. „Mit dem Ball haben wir uns mehr zugetraut. Wir haben uns Chancen rausgespielt, und wir haben hinten nicht allzu viel zugelassen.“ Torhüter Oliver Christensen fand, „die Systemumstellung war gut für uns. Sie gibt uns Sicherheit hinten.“ Und Derry Scherhant sagte: „Es hat funktioniert.“

Allerdings muss Hertha diesmal nicht nur auswärts antreten, der BVB verfügt auch über eine deutlich höhere Qualität im Kader als die Gladbacher vor einer Woche. Für Florian Niederlechner sind die Dortmunder „mit die beste Mannschaft in Deutschland“. Das A und O im Spiel gegen den BVB sei daher: „Du musst es gegen den Ball perfekt machen, du musst eine Aggressivität haben. Wir müssen auf alle Fälle mutig agieren. Wenn man Dortmund spielen lässt und nur abwartet, kann man die Minuten zählen, bis es scheppert.“

Seit Donnerstagabend, seit den Unentschieden des FC Barcelona und des 1. FC Union in der Europa League, ist Borussia Dortmund die einzige Mannschaft aus den fünf europäischen Top-Ligen, die alle Spiele im Jahr 2023 gewonnen hat. Sieben insgesamt sind es jetzt, das bisher letzte war das 1:0 gegen den FC Chelsea am Mittwoch in der Champions League.

„Die haben noch kein Spiel verloren in diesem Jahr, aber irgendwann ist es dann auch mal so weit“, sagt Florian Niederlechner. „Ich hoffe, dass es gegen uns so weit ist.“

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