Berlin-Paris-Comic „Emma und Amir“: Liebe, Terror und Berliner Mutterwitz
Ein tödlicher Anschlag erschüttert Berlin. Schnell scheint festzustehen, dass ein Islamist dahintersteckt. Doch der beste Freund des vermeintlichen Täters hat gute Gründe, an dieser Darstellung zu zweifeln. Gemeinsam mit einer Gefährtin macht er sich auf die Suche nach den wahren Drahtziehern des Attentats. Die Spur führt unter anderem nach Paris, wo ihm eine Killertruppe dicht auf den Fersen ist.
„Emma und Amir“, die neue Graphic Novel der gefeierten Berliner Comiczeichnerin Bianca Schaalburg, ist eine turbulente Mischung unterschiedlicher Genres und Stilformen. Virtuos kombiniert die 1968 in Berlin geborene Autorin Krimi- und Agententhriller-Elemente, Screwball-Comedy-Einlagen, politisches Drama, Romanze, tagespolitische Kommentare, Medienkritik und Bezüge zur Zeitgeschichte.
Liebeserklärung an Berlin und Paris
Zudem ist „Emma und Amir“ eine kunstvoll gezeichnete Liebeserklärung an Berlin und Paris, den zweiten Schauplatz der Geschichte. Dort hat Schaalburg mithilfe eines Comic-Stipendiums des Berliner Senats im vergangenen Jahr ausführlich für ihr Buch recherchiert. Dessen Erarbeitung wurde zudem finanziell auch von der Berthold-Leibinger-Stiftung und der Kulturförderung der VG Bild-Kunst unterstützt.

© Bianca Schaalburg/Jacoby & Stuart
Seit gut 25 Jahren unterhält Berlin für seine Künstlerinnen und Künstler eine Atelierwohnung in Paris. Seit einigen Jahren steht sie auch Comicschaffenden offen, Schaalburg hatte 2023 ein mehrmonatiges Aufenthaltsstipendium für 2024/25 von der Senatskulturverwaltung erhalten.
Die sehr anschaulich illustrierten Kulissen in „Emma und Amir“ – darunter zahlreiche schön anzusehende historische Schwimmbäder, Programmkinos, Hotels, Friedhöfe, Botanische Gärten und immer wieder lebendige Straßenszenen voller uriger Typen – laden zu einem gezeichneten Stadtrundgang durch die beiden Metropolen ein. Die wichtigsten Schauplätze lassen sich auch auf zwei individuell gestalteten Stadtplänen auf den inneren Umschlagseiten des Buches zuordnen.
Für ihr 2021 veröffentlichtes (auto-) biografisches Familiendrama „Der Duft der Kiefern“, in dem sie die NS-Zeit und Berliner Nachkriegsgeschichte am Beispiel der eigenen Verwandtschaft kritisch aufarbeitete, wurde sie 2022 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Jetzt hat sich Schaalburg für eine völlig andere Art der Bilderzählung entschieden, wie man sie so im deutschen Comic bislang selten gesehen hat.
Ein Terroranschlag am Hermannplatz
Die beiden Hauptfiguren, die am Anfang in elegant miteinander verknüpften, sich gegenseitig ergänzenden Bildfolgen eingeführt werden, sind der aus dem Irak stammende und in Berlin lebende Grafiker Amir und die Berlinerin Emma, die sich zu Beginn als freiberufliche Reiseleiterin vorstellt.

© Bianca Schaalburg/Jacoby & Stuart
Zwar bemüht sich Schaalburg bei der Haupthandlung um große Realitätsnähe und baut immer wieder aktuelle Zeitbezüge ein. In anderen Szenen aber lässt sie ihrem offensichtlichen Faible für Screwball-Komödien und für überraschende Wendungen freien Lauf.
Die Dialoge der beiden Hauptfiguren, die auf ihrer gemeinsamen Suche nach der Wahrheit von einer abenteuerlichen Situation in die nächste stolpern, sind salopp und witzig. Der Mutterwitz der burschikos auftretenden Emma und die eher zurückhaltende Art des etwas linkischen Amir ergänzen einander gut.
Eine virtuose Illustratorin
Schaalburgs semirealistischer Stil passt perfekt zu ihrer Geschichte. Die Künstlerin, die an der UdK Berlin studiert hat und seit vielen Jahren als Illustratorin für unterschiedliche Auftraggeber arbeitet, ist eine virtuose Zeichnerin.