Auftakt der ersten Berlin Freedom Week: Wird Berlin zur weltweiten Hauptstadt der Freiheit?
Berlin bildet sich viel auf seine Freiheit ein. Jedes Mal am 9. November, dem Jahrestag des Mauerfalls, inszeniert man sich als „Stadt der Freiheit“, als wäre die liberale Idee nirgendwo anders als hier erfunden worden.
Und in der Tat zeigt die jüngere Geschichte Berlins anschaulich, dass ein Leben in Freiheit hart erkämpft werden muss: die Bürgerproteste 1989, die zum Ende der deutschen Teilung führten, die amerikanische Luftbrücke 1948 und 1949, die die Stadt vor dem Verhungern rettete, die Befreiung von der Nazi-Diktatur durch die Alliierten 1945.
Doch so stolz man auf Berlins Rolle in den Wendejahren und das Zusammenwachsen von Ost und West sein kann, ist aus diesem Stolz nie etwas hervorgegangen, das ihn institutionalisiert hat. Oder, um es mit Peter Scholl-Latour zu sagen, „in imperiales Erz gegossen“ hat. Auf das Einheits- und Freiheitsdenkmal wartet man bis heute vergeblich.
In Berlin existiert kein Institut von Weltrang, das schwerpunktmäßig und systematisch zu Freiheit forscht und dieses Thema dauerhaft in einem gesellschaftlichen Dialog verankert. In der deutschen Hauptstadt wird kein hochdotierter, namhafter Preis vergeben, um diejenigen zu ehren, die sich um die Freiheit verdient machen – wie in Oslo etwa der Friedensnobelpreis das Augenmerk der Weltöffentlichkeit auf jene lenkt, die zu einer weniger kriegerischen Welt beitragen.
36 Jahre nach dem Mauerfall Die Demokratie im Osten ist stärker als gedacht
Ausgangspunkt ist die Generalversammlung des World Liberty Congress, einem weltweiten Zusammenschluss von Dissidenten und Demokratieaktivisten. Der Kongress, zu dem rund 200 Teilnehmer aus über 50 autokratisch regierten Ländern erwartet werden, tagt am 8. und 9. November im Berliner Abgeordnetenhaus.
Für Masih Alinejad, die Präsidentin des World Liberty Congress, ist dies ein besonders bedeutungsvoller Ort: „Berlin erinnert uns daran, dass Mauern fallen können und dass Solidarität jede Diktatur überleben kann“, sagt die Iranerin. Generalsekretär Leopoldo López, der aus Venezuela stammt, sieht Berlin als „Vorbild für all jene von uns, die für die Freiheit kämpfen – ein Symbol dessen, was wir uns für unsere eigenen Länder wünschen“. Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses Cornelia Seibeld sieht die deutsche Hauptstadt in der Pflicht: „Als weltoffene Metropole, in der viele Menschen aus Exil- und Demokratiebewegungen Zuflucht finden, trägt Berlin eine besondere Verantwortung.“