Alles kann, nichts muss
Wenn Fredi Bobic wirklich etwas zu sagen hätte, und zwar nicht nur bei Hertha BSC, sondern im gesamten Weltfußball, dann hätte er schon längst wichtige Reformen auf den Weg gebracht. Ginge es nach ihm, dann würde er die Sommertransferperiode, die in der Bundesliga aktuell Ende August oder Anfang September endet, um einen ganzen Monat verkürzen. Stichtag 1. August. Aber: „Das ist jetzt Wunschdenken“, sagt Bobic, der Sportgeschäftsführer des Berliner Fußball-Bundesligisten.
So wird es nicht kommen. Und trotzdem: Man wird ja mal träumen dürfen. Könnte Bobic so, wie er wollte, dann bliebe ihm aktuell jedenfalls eine Menge Stress erspart. „Von Tag zu Tag wird’s heißer“, sagt er. Die Gerücht überschlagen sich – bis am kommenden Donnerstag um 18 Uhr für die Bundesligaklubs das Transferfenster schließt.
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Bis dahin wird Herthas Geschäftsführer Sport vermutlich noch ein bisschen mehr telefonieren, als er das ohnehin schon. „Der Markt ist sehr wild gerade“. sagt er. „Bei uns kann noch das eine oder andere passieren, aber es gibt keine Garantie dafür.“
Vielleicht ein neuer Stürmer, vermutlich ein Torhüter als Ersatz für den suspendierten Rune Jarstein und unter Umständen auch noch ein Innenverteidiger: Bedarf besteht bei den Berlinern auf diversen Positionen. Seit dem Wechsel des bisherigen Kapitäns Dedryck Boyata zum FC Brügge und in dieser Woche gilt das ganz besonders für Herthas Abwehr.
Vier Innenverteidiger hat der Klub in diesem Sommer nun schon abgegeben: Neben Boyata haben auch Jordan Torunarigha (KAA Gent), Omar Alderete (FC Getafe) sowie Niklas Stark (Werder Bremen) den Verein verlassen. Genauso viele Innenverteidiger stehen aktuell noch in Herthas Kader.
Filip Uremovic ist gesperrt
Vor dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund an diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) kommt noch verschärfend hinzu, dass Filip Uremovic, der Boyata aus der Startelf verdrängt hat, nach seinem Platzverweis am vergangenen Wochenende gesperrt ist; dass er wegen Knieproblemen ohnehin nicht zur Verfügung stünde und dass der junge Linus Gechter zuletzt wegen eines grippalen Infekts ebenfalls nicht trainieren konnte.
Knapp zehn Tage hat der 18 Jahre alte Gechter krankheitsbedingt gefehlt. Auch am Donnerstag konnte er nur eine leichte individuelle Einheit absolvieren. Bliebe vor dem Spiel gegen den BVB allein das Abschlusstraining am Freitag, um sich für einen Startelfeinsatz zu empfehlen. Dass Gechter, der vor vier Monaten das letzte seiner bisher 13 Bundesligaspiele absolviert hat, am Samstag gleich in der Startelf auftauchen wird, ist daher eher unwahrscheinlich.
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Die Innenverteidigung mit Marc Kempf und Marton Dardai stellt sich gegen Dortmund quasi von selbst auf. Dass beide Linksfüßer sind, ist für Trainer Sandro Schwarz kein Hinderungsgrund. „Es ist häufig so, dass man mit zwei Rechtsfüßern in der Innenverteidigung spielt. Warum soll es nicht auch mit zwei Linksfüßern gehen?“, fragt er.
Auch Marton Dardai hat in den vergangenen Monaten, wie Linus Gechter, wenig gespielt. In der vergangenen Saison hatte er immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Nur zwei Mal stand der 20-Jährigen daher in der Rückrunde bei Herthas Profis in der Startelf.
Auch zu Beginn dieser Spielzeit war Dardai zunächst außen vor, weil er nach der vergangenen Saison noch für die deutsche U-21-Nationalmannschaft im Einsatz war und daher mit Verspätung in die Vorbereitung eingestiegen ist. Den Rückstand hat er inzwischen aufgeholt. In den jüngsten beiden Bundesligaspielen wurde er jeweils eingewechselt. „Er ist jetzt wirklich voll auf dem Dampfer“, sagt Sandro Schwarz.
Vier Innenverteidiger reichen, sagt Bobic
Gechter und Dardai stammen beide aus dem eigenen Nachwuchs und sind laut Herthas Trainer „zwei junge, sehr gut ausgebildete Spieler, die viel Potenzial haben“. Leistungsschwankungen in ihrem Alter sind nicht ungewöhnlich. „Marton ist in seiner Entwicklung noch nicht ausgereizt“, sagt Sportchef Bobic. „Da kann noch viel mehr kommen. Das weiß er auch. Es liegt an ihm selbst, ein Topspieler auf seiner Position zu werden. Die Zeit spricht für ihn.“
Zwei erfahrene Innenverteidiger – Kempf und Uremovic –, dazu zwei Talente aus dem eigenen Nachwuchs: Bobic kann sich durchaus vorstellen, mit dieser Konstellation die Saison anzugehen. „Ich glaube nicht, dass es so wichtig ist, jemanden für die Innenverteidigung zu holen. Vier Innenverteidiger reichen normalerweise für eine Spielzeit aus“, sagt er. „Die aktuelle Situation belastet uns nicht so, dass wir sagen: Wir müssen unbedingt noch was machen.“
Nicht panisch werden und trotzdem die Augen aufhalten, um zu schauen, was der wilde Markt in den letzten Tagen der Transferperiode noch zu bieten hat. Laut Sky ist Hertha am Uruguayer Agustin Rogel, 24, interessiert. Sein Vertrag beim argentinischen Erstligisten Estudiantes läuft am Ende des Jahres aus. „Wenn wir unseren Kader verbessern können, werden wir das tun“, sagt Fredi Bobic. „Wenn nicht, dann nicht.“