So wird das „Musikfest Berlin 2025“: Warum spielen die Franzosen kaum Französisches?
Das Schlamassel begann schon vor 175 Jahren. Aus Wut über die Programmpolitik der Pariser Konzertveranstalter gründete Camille Saint-Saëns mit ein paar Kollegen 1871 die „Société nationale de musique“. Ihr einziges Ziel: Die Werke einheimischer Komponisten sollten in den Sälen der französischen Hauptstadt erklingen und nicht immer nur Beethoven, Mozart, Mendelssohn und Schumann!
Der Zeitpunkt war günstig gewählt, nach dem verlorenen Krieg gegen die Deutschen fand die „Ars Gallica“-Bewegung auch beim Publikum Unterstützung. Wirklich nachhaltig aber war der Aufstand der protestierenden Tonsetzer nicht. Wenn jetzt beim „Musikfest Berlin 2025“ vier Orchester sowie ein Profichor aus Paris gastieren, werden 15 verschiedene Werke gespielt – aber nur drei davon sind „made in France“.
Dabei hat die französische Musikgeschichte so viel mehr zu bieten als immer nur Maurice Ravels „Bolero“ und Hector Berlioz‘ „Symphonie fantastique“. Selbst auf dem Feld der Sinfonik, die bei unseren Nachbarn stets im Schatten der Opernproduktionen stand. Es ist ein Teufelskreis: Je seltener bestimmte Partituren erklingen, desto mehr geraten sie in Vergessenheit. Das führt wiederum dazu, dass die Veranstalter glauben, das Publikum lasse sich mit diesen unbekannten Stücken nicht anlocken.
Altbekannte Meisterwerke
Winrich Hopp, der künstlerische Leiter des „Musikfest Berlin“, mag sich darüber nicht aufregen. Schließlich sei es doch auch interessant, altbekannte Werke von auswärtigen Orchestern zu hören. Denn jedes Ensemble hat seine eigene Klangkultur.
Hopp kennt aber auch nur zu gut die Zwänge, unter denen Orchester stehen, wenn sie im Ausland auf Tournee gehen. Weil die Reisen immer mehr kosten – und gleichzeitig genauer auf den ökologischen Fußabdruck geachtet wird – möchten sich die Musikerinnen und Musiker mit dem Besten präsentieren, das sie zu bieten haben. Und das sind eben fast immer dieselben Meisterwerke des internationalen Kernrepertoires.
Von Beethoven bis Bolero
Das Amsterdamer Concertgebouworkest präsentiert zum „Musikfest“-Auftakt am 30. August Bela Bartok, das Orchestre de Paris hat Jean Sibelius im Gepäck, das Orchestre des Champs-Elysées interpretiert Beethoven. Und die Accademia di Santa Cecilia aus Rom hat sich ironischerweise für Claude Debussys „La mer“ entschieden, neben dem „Bolero“ und der „Fantastique“ das dritte französische Werk im ewigen Sinfonik-Kanon.