„Das war bislang mein wichtigstes Tor“
Um kurz vor 23 Uhr waren die Emotionen am Mittwochabend wieder heruntergekühlt bei Manuel Wiederer. Rund 20 Minuten, nachdem er das entscheidende Tor zum 4:3 in der Verlängerung gegen die Adler Mannheim geschossen hatte, woraufhin die Eisbären-Profis erleichtert übereinander hergefallen waren, stand er mit hochgezogenen Strümpfen und mit seinem blauen Play-off-Shirt vor dem Kabinengang und sagte ziemlich nüchtern: „Wenn ich mich richtig erinnern kann, war das mein erstes Overtime-Tor überhaupt.“ Als Jugendlicher in Kanada seien ihm mal zwei Hattricks in Serie gelungen, „aber ich glaube schon, dass das bislang mein wichtigstes Tor war“.
Nach der 1:0-Führung in der Halbfinal-Play-off-Serie waren sich die Berliner einig darin, dass sie den Auftakt verdient gewonnen haben – angesichts der besseren offensiven Akzente über die gesamte Dauer des Spiels. Allerdings war es „das erwartet schwere Spiel“, wie Trainer Serge Aubin erwartbar formulierte. Eine 2:0- sowie eine 3:2-Führung hatten die Gäste ausgeglichen, zudem eine fünfminütige Unterzahl rund um das Ende der regulären Spielzeit überstanden. Bei so einem Spielverlauf kann das Pendel auch gerne mal in die andere Richtung ausschlagen.
Am Ende profitierten die Eisbären von der oft gelobten Tiefe im Kader. Die gewöhnlichen Unterschiedsspieler wie Leo Pföderl, Matt White oder Marcel Noebels versuchten zwar immer wieder, sich entscheidend in Szene zu setzen. Mit Giovanni Fiore, Yannick Veilleux, der nach einem Bandencheck angeschlagen in die Kabine musste, und Wiederer trafen Stürmer aus drei unterschiedlichen Reihen. Zudem war der in der Hauptrunde eher torungefährliche Jonas Müller zum dritten Mal in diesen Play-offs erfolgreich.
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Gerade im Fall von Wiederer gehen die Prognosen in Erfüllung, die sein Trainer in einer Phase geäußert hatte, als die Play-offs noch weit entfernt waren. „Er wird für uns eine ganz wichtige Rolle spielen, je länger die Saison dauert“, sagte Aubin im Spätherbst nach einer Trainingseinheit im Wellblechpalast. „Er fällt nicht so auf, weil er kein klassischer Scorer ist, aber er macht sehr viele gute Dinge für uns.“
Ähnlich klang das Sonderlob am Mittwochabend. „Man merkt, dass Manni die Play-offs liebt“, sagte Aubin. „Seine Arbeitseinstellung ist außergewöhnlich.“ Schon vor seiner Krönung mit dem Siegtreffer hatte sich der Stürmer zweimal als Vorbereiter eingebracht. Das 3:2 durch Veilleux bereitete er mit einem Pass derart intelligent vor, dass der Kanadier kaum anders konnte, als den Puck über die Linie zu drücken.
Ganz entscheidend wirkte der Bayer aber auch daran mit, dass die gefährliche Unterzahl in der Overtime, die kurz nach der vergebenen fünfminütigen Überzahl zuvor folgte, folgenlos blieb. „Wir wollten natürlich ein Tor schießen, aber wenn wir keines schießen, müssen wir weitermachen.“ Immer wieder ist davon die Rede, dass es in den Play-offs darauf ankommt, jede Situation anzunehmen – unabhängig vom Spielverlauf. Das gelang den Eisbären in diesen Minuten, es war die Grundlage dieses Erfolgs.
Für Wiederer hat sich das Engagement in Berlin voll ausgezahlt
Wiederer hat vermehrt gezeigt, dass er im richtigen Moment zur Stelle sein kann. Als er sich im Sommer den Eisbären anschloss, musste er nach einer durchwachsenen Zeit in Nordamerika mit körperlichen Beschwerden erst mal wieder das Vertrauen in seinen Körper zurückgewinnen. Nachdem er 2016 in der fünften Runde beim NHL-Draft von den San Jose Sharks ausgewählt worden war, hatte er sich vor allem in der AHL abgemüht, aber nicht den Durchbruch geschafft. Für den Spieler und den Verein hat sich sein Engagement in Berlin bislang voll ausgezahlt.
Schon am Freitag sind die Eisbären in Mannheim (19.30 Uhr) wieder gefordert. Und weil in einer Best-of-Five-Serie der Druck bei einer Niederlage steigt, werden die Adler körperlich wohl noch etwas zulegen und versuchen, die Eisbären zu Strafen zu zwingen.
Aber gerade in diesen Situationen, wenn nicht gleich zwei Mann wie am Mittwoch auf der Strafbank sitzen, präsentieren sich die Eisbären in den Play-offs bislang stark und gut organisiert. Was auch maßgeblich mit Wiederer zu tun hat, der als Wühler in Unterzahl eine wichtige Rolle spielt. Wenngleich ihm die Rolle als Matchwinner natürlich noch besser gefällt.