WM-Viertelfinale gegen Schweden: Die DHB-Frauen verfügen über das perfekte Portfolio

Die anfängliche Enttäuschung war schnell der sachlichen Analyse gewichen. Natürlich, die erste Niederlage im sechsten Spiel der deutschen Handball-Frauen bei der Weltmeisterschaft gegen Co-Gastgeber Dänemark (28:30) war auch für Bundestrainer Markus Gaugisch schmerzhaft.

Doch am Ende überwogen für ihn die positiven Aspekte. „Jetzt sind wir als Zweite durch. Wir müssen das gute Gefühl von den guten Sachen mitnehmen“, sagte der 49-Jährige. „Aber es ist natürlich sehr schade, dass wir uns für einen sehr charakterstarken Auftritt nicht belohnen konnten.“

Mit nur zwei Toren Differenz gegen den Vize-Europameister zu verlieren, der zudem von 10.000 heimischen Fans frenetisch unterstützt wurde, war durchaus eine respektable Leistung. „Wir haben gegen eine buhende Arena 60 Minuten top mitgehalten, da brauchen wir keine Angst zu haben, was sonst noch kommt“, sagte Co-Kapitänin Emily Bölk angriffslustig. Vor allem, weil die DHB-Auswahl personell angeschlagen in die Partie ging, weil Co-Kapitänin Alina Grijseeels nach ihrem Pferdekuss noch nicht wieder komplett fit war.

Bemerkenswert ist das Ergebnis aber genauso, weil es dem Team schon im Vorfeld gelungen war, sich für das nun anstehende Viertelfinale gegen Schweden am Mittwoch (17.30 Uhr/Sportdeutschland.TV) zu qualifizieren und dementsprechend die Einsatzzeiten im Hinblick auf die Belastungssteuerung verteilt wurden.

2007

standen die deutschen Handballerinnen zuletzt in einem WM-Halbfinale.

„Wir haben gesehen, dass wir über viele Möglichkeiten verfügen und defensiv wie offensiv immer wieder Anpassungen vornehmen können, dass wir flexibler geworden sind“, sagte Gaugisch, der neuerdings auf einen überaus breiten Kader zurückgreifen kann. Auf die 19 Jahre alte Shooterin Viola Leuchter wie die 35 Jahre Routinierin Antje Döll auf Linksaußen. Auf Stars wie die Rückraumakteurinnen Emily Bölk und Grijseels, aber auch auf Rückkehrerinnen wie Xenia Smits und Annika Lott.

Varianz ist dabei das große Stichwort. Denn sie alle weisen ein unterschiedliches Portfolio auf, wirken aber dabei als Team gut aufeinander eingestellt. Und sie alle haben ihr Potenzial noch nicht zu einhundert Prozent erreicht. Das gibt Hoffnung, dass die Frauen erstmals seit 2007 in ein WM-Halbfinale einziehen können. Das Minimalziel wurde mit dem nun mehr sicheren achten Platz und dem damit verbundenen Zugang zur Olympia-Qualifikation bereits erreicht.

„Unser Anspruch an das Training und an unsere Leistung hat sich verändert“, sagt Bölk. „Viele spielen mittlerweile bei internationalen Top-Klubs. Sich mit den Besten Europas zu messen, ist für viele keine Besonderheit mehr, sondern tägliches Geschäft.“

Und trotzdem bleiben Gaugisch und Co. zurückhaltend. Man sei „nah dran“ an der Weltklasse, bisher reiche es aber eben nur dafür, um daran zu kratzen. Insofern sind die Schwedinnen, die als Co-Gastgeberinnen bisher noch kein Spiel verloren haben, die nächste Messlatte auf dem Weg nach oben. Von zwei Begegnungen vor dem Turnier konnten die deutschen Frauen gegen den EM-Fünften immerhin eines gewinnen – ein weiterer Ansatzpunkt, der für die Analyse von Bundestrainer Markus Gaugisch interessant sein dürfte.