Ein Leben für Turbine Potsdam
Bernd Schröder zieht sich an diesem Freitag zurück. Der Ehrenpräsident von Turbine Potsdam, der bis 2016 rund 45 Jahre lang als Trainer und Manager die Geschicke des Potsdamer Fußballvereins geleitet hatte, möchte den 80. Geburtstag in aller Ruhe mit seiner Ehefrau begehen. „Das Handy wird auf jeden Fall ausgeschaltet sein“, sagt er. So wird auch niemand auf Schröders Expertise zurückgreifen können, um das EM-Viertelfinale am Donnerstagabend zwischen Deutschland und Österreich zu analysieren.
Den bisherigen Turnierverlauf hat Schröder, der 1942 in Lübeck zur Welt kam und ab 1971 das neu gegründete Frauenteam in Potsdam betreute, natürlich aus der Ferne beobachtet. „Ich verfolge das Turnier mit großem Interesse, schließlich habe ich mit 14, 15 Spielerinnen, die bei der EM im Einsatz sind, zusammengearbeitet“, sagt Schröder. Im deutschen Kader steht mit Ersatztorhüterin Ann-Katrin Berger, den Verteidigerinnen Sara Doorsoun und Felicitas Rauch sowie Offensivspielerin Svenja Huth ein Quartett mit Turbine-Vergangenheit.
Doch Schröders Blick geht über diese Bekanntschaften hinaus. Aufmerksam verfolgt der Jubilar die Entwicklung der Branche, mit der er seit einem halben Jahrhundert verbunden ist. „Der Frauenfußball hat sich enorm weiterentwickelt“, sagt Schröder. Gerade die Gastgeberinnen aus England und die Französinnen hätten sich enorm professionalisiert. „Der Hype, den man nun wahrnimmt, ist schon erstaunlich.“
Schröder warnt vor überzogenen Erwartungen
Gleichzeitig warnt er vor überzogenen Erwartungen bei den nächsten Entwicklungsschritten. „In Dänemark, Norwegen oder in der Schweiz stagnierte es zuletzt. Und auch in Deutschland müssen wir hart arbeiten.“ Im Nachwuchs habe man in den vergangenen Jahren zahlreiche Mitglieder verloren.
„In der Spitze brauchen wir uns nicht zu verstecken, aber nachhaltig wird es eben nur dann, wenn es auch in der Breite stimmt“, sagt Schröder, der aufgrund seiner Verdienste das Landesverdienstkreuz und das Bundesverdienstkreuz erhalten hat und vom DFB den Ehrenpreis für sein Lebenswerk.
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Dass zuletzt eher negative Schlagzeilen über seinen Herzensverein zu vernehmen waren, gefällt Schröder nicht. „Einiges ist hier unglücklich gelaufen.“ Er spielt damit auf die Trennung von Trainer Sofian Chahed und den folgenden Rücktritt von Präsident Rolf Kutzmutz an, der von dieser Entscheidung überrumpelt wurde. Zu seinem Geburtstag würde er sich wünschen, dass der Verein sein Profil schärfen kann.
„Was wir hier an Erfahrung haben, ist ja kaum zu toppen“, sagt Schröder. Zusammen mit den Frauen und Juniorinnen gewann er 37 nationale und internationale Titel. Sechs Mal wurde Turbine sowohl in der DDR als auch nach der Wiedervereinigung Meister. Dazu kommen drei DFB-Pokalsiege, zudem holte er zwei Mal mit den Potsdamerinnen den Europapokal.
Allerdings wäre es aus seiner Sicht sinnvoller nach vorne zu schauen. Das bezieht Schröder auch auf sich selbst. „Ich möchte die Ruhe auch dazu nutzen, um mir ein paar Gedanken über die nächsten Jahre zu machen.“