Fordernd, mit kurzweiliger Dissonanz: Payare dirigiert Chin und Mahler
Solistin Alisa Weilerstein gibt den Ton an in Unsuk Chins Cellokonzert, treibt das Orchester an, kämpft gegen es an und ringt um die Rede ihres Instruments. Spannend und disharmonisch ist das Werk, das nie das höchste Fortissimo der Staatskapelle Berlin ausreizt. Nicht um durchgehend höchste Intensität, wie später bei Mahler, geht es hier. Chin fordert den Musiker*innen eher Zeitpräzision ab, um alle auskomponierte Fragmentierung als großes Ganzes erscheinen zu lassen. Und das gelingt an diesem Freitagabend in der Philharmonie.
Mahlers Fünfte Sinfonie, cis-Moll, beginnt mit einem von mahlertypisch ruhiger Hand komponierten Trauermarsch und führt über den tänzerischen Zerfall von Motivik und Tonalität schließlich zu einem überraschend euphorisierenden Rondo-Finale. Jagdmotive in Trompete und Waldhorn, das pizzicato gezupfte Scherzo, tänzerische Elemente, düstere Motive, Ländler und Klangbilder romantischer Berglandschafen demonstrieren den Einfallsreichtum des Komponisten.
Rund 100 Jahre liegen zwischen den beiden Werken, die das Publikum gleichermaßen fordern – Chin mit ihren Disharmonien, Mahler mit seinem gewaltigen Ideenspektrum. Noch den schwersten Passagen verleiht Rafael Payares Dirigat Leichtigkeit. Ein Genuss.