Krönung der Biathlon-Karriere: Denise Herrmann-Wick triumphiert bei der Heim-WM

Denise Herrmann-Wick stellt sich auf die Matte, wirft die Skistöcke zwischen die Füße und nimmt ruckartig das Gewehr vom Rücken. Das letzte Schießen im Sprint steht an. Einen Schuss nach dem anderen feuert sie in aller Ruhe ab. Zehn Schuss, zehn Treffer! Auf den 7,5 Kilometern ist sie damit nicht zu schlagen. 11.000 Zuschauerinnen und Zuschauer feiern den Heim-Titel.

Weltmeisterin und Olympiasiegerin war Herrmann-Wick schon vor. Jetzt hat die 34-Jährige ihren nächsten Gold-Coup geschafft. Der Wechsel 2016 vom Skilanglauf zum Biathlon machte sie zu einer der besten Biathletinnen der Welt. „Ich wollte es unbedingt ausprobieren, diese Kombination aus Laufen und Schießen. Die Spannung am Schießstand fand ich besonders cool“, schreibt Herrmann-Wick in ihrer Biografie „Zielsicher“. Nur wer es lernt beide Disziplinen perfekt zu beherrschen, schafft es, in dieser Sportart für Furore zu sorgen.

Dass Herrmann-Wick den Weg zum Biathlon einschlug, dafür war unter anderem Olympiasieger Ricco Groß, der mittlerweile die slowenischen Biathleten trainiert, mitverantwortlich. In der Saison 2012/2013 sollte auf Initiative des Deutschen Ski-Verbandes die Lücke nach dem Karriere-Ende von Magdalena Neuner im Biathlon schnell geschlossen werden.

Das Schieß-Talent wird schon früh erkannt

Deshalb wurden aktive deutsche Skilangläuferinnen und Skilangläufer zu einem Art Schnupperkurs nach Ruhpolding, in die Chiemgau-Arena, geladen. Groß kümmerte sich dort um das Schießen und zeigte den Sportlern die Basics. Unter diesen Athleten befand sich damals auch Herrmann-Wick. Schon 2013 hat Groß das Schieß-Talent bei ihr erkannt.

Drei Jahre später, am 9. Dezember 2016, gab sie dann ihr Weltcup-Debüt im Sprint bei der A-Nationalmannschaft und schaffte es direkt mit einem 18. Platz unter die Top 20. Seither ist Herrmann-Wick aus dem deutschen Team nicht mehr wegzudenken. Mittlerweile gewann sie elf Weltcup-Rennen und ist stets zu den heißen Anwärterinnen zu zählen, wenn es um Medaillen geht.

Was braucht es aber, damit eine ehemalige Skilangläuferin zu einer so erfolgreichen Biathletin reift? „Ein bisschen Talent für das Schießen, die nötige Portion Frechheit am Schießstand und harte Arbeit“, sagt die dreimalige Olympiasiegerin, Kathi Wilhelm. Mit 22 Jahren wechselte diese nämlich nach einem fünften Platz mit der Skilanglauf-Staffel bei den Olympischen Winterspielen 1998 und einer darauffolgenden − für sie enttäuschenden Weltmeisterschaft − zum Biathlon. Nur zwei Jahre später gewann Wilhelm ihren ersten WM-Titel im Sprint.

Ihr Umstieg vom Langlauf zum Biathlon zahlte sich − wie bei Herrmann-Wick − mehr als aus. Sie gehört zu einer der erfolgreichsten deutschen Biathletinnen (3 Olympia-Gold, 3 Olympia-Silber, 1 Olympia-Bronze, 21 Weltcupsiege, 5 WM-Titel, 4 WM-Silber und 4-WM-Bronze). Die Basis für eine sehr gute Umschulung zum Biathlon sei laut Wilhelm das Skilanglaufen. „Auf der Strecke gibt es so viel zu lernen. Das Schießen lässt sich besser lernen, wenn in jungen Jahren noch nicht so viel am Schießstand trainiert wird“, sagt sie. Wichtig sei es dabei, einen guten Mittelweg zu finden, der keineswegs einfach sei.

Slowenin Anamarija Lampic folgt diesem Weg

Das Schießen lernt gerade auch die Slowenin Anamarija Lampič. Seit dem Frühjahr 2022 hat sich die 27-Jährige vom Skilanglauf verabschiedet und sich ein Kleinkalibergewehr auf den Rücken geschnallt. „Ich habe Denise und Stina beobachtet, die auch vorher Skilanglauf gemacht haben und dann zum Biathlon gewechselt sind. Ich habe mir gedacht, wenn sie es schaffen, dann kann ich es auch schaffen“, sagt Lampič. Seit November mischt die Slowenin nun den Biathlonzirkus auf.

Lampič hat zwar nur vier Rennen auf ihrem Weltcup-Konto, doch schon im dritten Wettkampf landete sie auf dem fünften Platz. „Das war ein Einstieg, den keine andere Athletin bisher geschafft hat“, sagt Groß, der sie gemeinsam mit Boštjan Klavžar trainiert. Herrmann-Wick bestritt ihre erste WM hingegen drei Jahre später, nach ihrer Weltcup-Premiere.

„Im Frühling hätte ich mir nicht ausmalen können, dass ich nach Oberhof zu meinen ersten Biathlon-Weltmeisterschaften fahren werde, ich konnte am Schießstand kaum was. Es ist einfach verrückt, ich will einfach nur Spaß haben, so viel wie möglich lernen und am besten schieße ich so wie im Training“, scherzt Lampič. Erfahrung sammeln konnte sie auf jeden Fall in ihrem ersten WM-Sprint, auch wenn es der 57. Rang am Ende für sie wurde.

Doch vermutlich werde der WM-Titel von Herrmann-Wick die Slowenin weiter anspornen, um sich irgendwann auch in die Riege der besten Umsteigerinnen im Biathlon einreihen zu können.

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