Es geht um mehr als weiße Shorts!
Beth Mead hat zurzeit allen Grund zu feiern: Erst bescherte die englische Nationalspielerin ihrem Team beim EM-Auftaktspiel den ersten Treffer und dann überragte sie mit einem Dreierpack gegen Norwegen. Einen weiteren Grund zum Feiern könnte der englische Fußballverband ihr liefern – vorausgesetzt, dass er Meads Wunsch nachkommt.
Gemeinsam mit ihren Kolleginnen hat sie nämlich gefordert, die weißen Hosen des Nationalteams abzuschaffen und durch farbige zu ersetzen. „Es ist sehr schön, ganz in Weiß aufzulaufen. Aber in einer Phase des Monats ist es für uns Frauen unpraktisch“, kritisierte Meads. Sollten die Nationalspielerinnen Recht bekommen, könnte das eine Entscheidung mit Signalwirkung sein, denn auch Vereine wie Arsenal tragen weiße Shorts und beim Rugby und Cricket ist weiß ebenfalls der Standard.
Die Debatte um weiße Spielkleidung ist nicht neu, zuletzt hatte Tennisprofi Alicia Barnett in Wimbledon eine Änderung der strikten Regelung ins Spiel gebracht: „Während der Spiele die Periode zu haben, ist schwierig genug, aber dann weiß zu tragen, ist nicht einfach“, sagte sie. Seit der ersten Austragung des Turniers 1877 gilt in Wimbledon, dass alle Teilnehmenden ausschließlich weiße Kleidung tragen müssen – eine Regelung, die in der Vergangenheit immer wieder kritisiert wurde und ursprünglich eingeführt wurde, um peinliche Schweißflecken zu vermeiden. Nun kann man sich zurecht fragen, warum denn Schweißflecken im Sport peinlich sind, zumal es bei gleißender Hitze auf dem Tennisplatz eher bedenklich wäre, wenn jemand nicht schwitzt.
Großer Druck bei Menstruation im Sport
Auch Menstruieren ist ein natürlicher Prozess und die Stärke passt sich nicht an die Kleidungswahl des jeweiligen Tages an – auch wenn die schneeweißen Röcke von Wimbledon diesen Eindruck gern erwecken. Natürlich wäre es wünschenswert, die Periode so zu enttabuisieren, dass es kein Problem darstellt, Blutflecken auf der Hose zu haben. Das gilt nicht nur für den Fußball, Tennis oder den Sport als solchen, sondern gesamtgesellschaftlich.
Schließlich ist es immer noch mit Scham verbunden, nach einem Tampon zu fragen oder offen mit Menstruationsbeschwerden umzugehen, auch wenn sich die Situation in den vergangenen Jahren mit der Einführung von Periodenunterwäsche und Debatten zu „Free Bleeding“ verbessert hat.
Aber gerade im Leistungssport, wo die Periode immer noch tabuisiert wird, sind menstruierende Personen einem enormen Druck ausgesetzt: Mögliche Kopfschmerzen, Übelkeit, Bauchkrämpfe – und trotzdem wird verlangt, dass sie bei den Turnieren voll Leistung bringen. Obendrauf kommt dann noch der „psychische Stress“, darüber weiß tragen zu müssen, wie Tennis-Olympiasiegerin Monica Puig es kürzlich nannte.
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Eigentlich geht es um sehr viel mehr als weiße Shorts. Es geht darum, dass Sportlerinnen in Entscheidungsprozesse, die sie betreffen, einbezogen werden; dass ihre Beschwerden nicht ignoriert, sondern ernst genommen werden. Die Sportmoderatorin Catherine Whitaker sagte einmal: „Wenn es eine Kleiderordnung gäbe, die sich auf Männer genauso auswirken würde wie auf Frauen, dann glaube ich nicht, dass diese Tradition Bestand hätte.“
Bis es also soweit ist, dass Periode so enttabuisiert ist, wäre es doch sinnvoll, mal darauf zu hören, was Sportlerinnen sich eigentlich wünschen. Am Ende sind sie es nämlich, die deswegen weniger ausgelassen spielen oder im Umkehrschluss dem Spott der Zuschauenden ausgesetzt sind.