Claudia Pechsteins Erfolg ist einer mit weitreichenden Folgen

Für Claudia Pechstein dürfte der 12. Juli ab sofort einen ganz besonderen Platz im Kalender einnehmen. Die Eisschnellläuferin bekam vom Bundesverfassungsgericht Recht und darf nun vor einem ordentlichen Gericht weiter auf Schadenersatz klagen.

Zur Erinnerung: Pechstein war wegen auffälliger Blutwerte zwischen 2009 und 2011 zwei Jahre gesperrt worden, sie bestritt stets jegliches Doping. Der Kampf gegen die Internationale Eislauf-Union ISU ist längst zu ihrer Lebensaufgabe geworden – und wer will ihr das verdenken.

Die mittlerweile 50 Jahre alte Berlinerin hat sportlich alles erreicht, allein fünfmal wurde sie Olympiasiegerin. In diesem Jahr nahm sie in Peking an ihren achten Winterspielen teil und durfte bei der Eröffnungsfeier sogar als deutsche Fahnenträgerin glänzen. Aber immer umwehte sie dieser Makel, dass bei ihren großen Erfolgen nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein könnte.

In dieser Hinsicht sind alle Anschuldigungen längst widerlegt. Aber es geht Pechstein nicht nur darum, dass sie über Jahre ihrer sportlichen Möglichkeiten beraubt wurde und angesichts der vermeintlich Dopingvergangenheit ihr Ruf beträchtlich gelitten hat. Um den hat sie sich ohnehin nicht immer wirklich geschert. Es geht darum, wie von Verbänden und dem Internationalen Sportgerichtshof Cas mit ihr umgegangen wurde – und wie schwer es für eine Sportlerin oder einen Sportler ist, ein einmal gefälltes Urteil anzufechten.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hierfür Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Pechstein hat immer damit argumentiert, dass ihr durch die Sperre viel Geld verloren gegangen sei. Ob nun Siegprämien – die im Eisschnelllaufen nicht wirklich üppig sind – oder Werbeeinnahmen. Man kann ihr in diesem Punkt ganz sicher folgen. Ob sie am Ende mit ihren Millionenforderungen durchkommt, darf nun wieder verhandelt werden – vor einem Zivilgericht.

Und darin liegt die eigentliche Sprengkraft des Urteils. Denn der Cas als höchste und beinahe heilige Institution der Sportgerichtsbarkeit ist eben nicht die letzte und einzige Instanz bei Streitfällen. Claudia Pechsteins Erfolg ist damit auch einer für viele andere Athletinnen und Athleten – und einer mit weitreichenden Folgen. Ganz unabhängig davon, ob Pechstein am Ende tatsächlich auch Recht bekommt und ihr eine Entschädigung zugesprochen wird.