Deutsche Fußballerinnen spielen um Olympia-Ticket: Letzte Chance für die Generation Popp
Nachdem die deutschen Fußballerinnen am vergangenen Freitag mit der Niederlage gegen Frankreich die erste große Chance auf die Olympia-Qualifikation ausgelassen haben, steht nun die zweite und zugleich letzte Möglichkeit dazu an. Am Mittwoch tritt das Team von Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch in Heerenveen im Spiel um Platz drei der Nations League gegen die Niederlande (20.45 Uhr/ZDF) an, die im anderen Halbfinale den Weltmeisterinnen aus Spanien unterlagen.
„Es wird gegen die Niederlande nicht leichter und eine interessante Partie werden. Wir wollen das Spiel selbst machen und entscheiden“, meint Hrubesch. „Wir wissen, was wir können und wir wissen auch, was wir nicht können. Wir müssen an die zweite Halbzeit aus dem Frankreich-Spiel anknüpfen.“
Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass es in Heerenveen um alles oder nichts für das deutsche Team geht. Zu hoch ist der Stellenwert des olympischen Turniers im Frauenfußball. „Wir sind uns der Situation sehr wohl bewusst, werden uns ordentlich darauf einstellen, sowohl physisch als auch emotional“, sagt Deutschlands Marina Hegering. „Die Holländerinnen sind schlagbar. Sie haben in der Vergangenheit gute Turniere gespielt. Es ist keine einfache Aufgabe.“
Zumindest auf dem Papier sind die deutschen Spielerinnen favorisiert. Von 21 Duellen gewannen sie 13 und spielten fünfmal Unentschieden. Demgegenüber stehen nur drei Niederlagen. Die letzte Begegnung mit den Niederlanden, ein Freundschaftsspiel im April, konnte Deutschland mit 1:0 für sich entscheiden.
Mit Blick auf die vergangenen Spiele der deutschen Nationalmannschaft wird allerdings klar, dass die Statistik mittlerweile kaum noch etwas aussagt. Gegen fast jeden der letzten Gegner war das Team von der Kaderstärke her in der deutlich aussichtsreicheren Position, doch nur selten konnte das Potenzial auf dem Platz abgerufen werden.
Unter Andries Jonker sind die Niederlande wieder erstarkt
Grundsätzlich gibt es einige Parallelen zwischen den beiden Nationen. Während die Niederlande ebenso wie Deutschland lange zur Weltspitze gehörten, besonders nach dem Triumph bei der EM 2017 und Platz zwei bei der WM zwei Jahre später, war nach dem Abgang von Erfolgstrainerin Sarina Wiegman bei der EM 2022 im Achtelfinale Schluss und große Ernüchterung machte sich breit.
Zwar stellte sich unter dem neuen Nationaltrainer Andries Jonker, der Ende August 2022 übernahm, wieder Erfolge ein – wie zuletzt bei der WM die Viertelfinalteilnahme. Doch auch bei den Niederlanden werden Rufe nach einem Umbruch immer lauter. Wie auch im deutschen Team haben einige Führungsspielerinnen die 30 überschritten. Dazu zählen Lieke Martens, Danielle van de Donk oder Toptorjägerin Vivianne Miedema.
Zuallererst geht es für beide Teams um das letzte Olympia-Ticket. Ein Prestigeduell ist es dennoch. Wenn man schon von Nationen wie England oder Spanien, die den Frauenfußball in den vergangenen Jahren deutlich mehr gefördert haben, augenscheinlich abgehängt wurde, möchte man zumindest in die Kategorie dahinter gehören.
Umso mehr dürften Horst Hrubesch und sein Team am Mittwoch beweisen wollen, dass sie gegen die Niederlande die Nase vorn haben. „Druck haben wir eigentlich immer als Nationalmannschaft und das haben wir ja im ersten Spiel ganz gut weggesteckt“, sagt Hrubesch. „Wir haben ein bisschen länger gebraucht, hinten raus war es dann okay.“ Doch auch ihm dürfte klar sein, dass der Auftritt gegen Frankreich, bis auf die Schlussphase, ein enttäuschender war und gegen die Niederlande eine deutliche Leistungssteigerung folgen muss.
Druck haben wir eigentlich immer als Nationalmannschaft.
Horst Hrubesch vor dem Spiel gegen die Niederlande
Die Niederländerinnen wollen unter Jonker einen offensiv ausgerichteten Fußball spielen. Bei der WM funktionierte das mit Spielerinnen wie Jill Roord und Vivianne Miedema exzellent. Doch nachdem sich Roord im Januar das Kreuzband riss und auch Miedema seit längerem mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hat, ist das Spiel nach vorne deutlich schwächer geworden.
Ähnlich harmlos ist es um die Offensive der Deutschen bestellt. Obwohl es Hrubesch meist mit einer Doppelspitze versuchte, bestehend aus Alexandra Popp und Lea Schüller, kommt das deutsche Team nur selten zu Torchancen aus dem Spiel heraus. Das Flankenspiel ist ähnlich ertraglos. Das war nicht nur gegen Frankreich so.
Um nicht ganz so ausrechenbar wie zuletzt zu sein, dürfte sich Trainer Hrubesch eine etwas andere Taktik überlegen, die womöglich auch eine Systemumstellung beinhaltet. Eine Möglichkeit wäre das Spiel über außen und flache Hereingaben. Während Svenja Huth auf dem Flügel nicht überzeugte, brachten die Einwechslungen von Jule Brand und Sydney Lohmann neue Energie. Beide bringen Tempo mit, was gegen angriffslustige und teilweise hoch pressende Niederländerinnen, insbesondere auf der Position der Außenverteidigerin, Möglichkeiten zum Kontern ergeben dürfte.
Letztlich hat Deutschland das spielerische Niveau, um die Niederlande zu schlagen und so die Olympia-Qualifikation perfekt zu machen. Entscheidend wird sein, inwiefern die Umsetzung auf dem Rasen gelingt.