100 Tage Kultursenator Joe Chialo: Etwas besser als erwartet

Napoleons „100 Tage“ waren seine letzten an der Macht. Dann kam Waterloo. Und Verbannung. Es ist eine seltsame Übung, Politiker nach diesem Zeitmaß ein erstes Zeugnis auszustellen. Bei Joe Chialo, Berlins Kultursenator, wirkt es fast absurd. Er musste seine Klientel erst einmal kennenlernen. Der CDU-Mann kommt aus der Popmusik, er ist neu im kulturpolitischen Geschäft.

Und da wird man dann scharf beobachtet. Bei der Techno-Parade wurde Chialo gesichtet, bei der Fashion Week gab’s schöne Bilder, und nun weiß er auch, dass man zur Senatsklausur besser mit dem Fahrrad kommt. Es gibt dokumentierte Anwesenheit beim Theatertreffen, im Deutschen Theater, beim Gallery Weekend und anderen Gelegenheiten. Aber das sind letztlich Äußerlichkeiten. Das ist das Minimalprogramm.

Der Druck bleibt

Chialo hat sich, wie man hört, in der kurzen Zeit mit den Kultureinrichtungen des Landes Berlin vertraut gemacht. Da klingt immer wieder durch, dass die Häuser und Strukturen resilienter werden müssen. Vor allem aber müssen man auch überlegen, „was wir unbedingt brauchen und worauf wir verzichten können.“ Das hat Chialo vor ein paar Tagen der „taz“ gesagt. Was er damit meint, bleibt unklar.

Sicher ist: Er setzt die Szene unter einen gewissen Druck, wobei er den Hammersatz der ersten Tage, dass nicht so bleibe, wie es ist, inzwischen relativiert. Und er musste auch noch keine größere Personalentscheidung zu treffen.

Leichter Anstieg des Budgets

Die erste harte Probe haben Chialo und seine Verwaltung indessen bestanden. Der Kulturetat wird im kommenden Doppelhaushalt nicht gekürzt, sondern es gibt, wie die Haushälter sagen, einen bescheidenen Aufwuchs. Das muss man als Erfolg werten, zumal im Herbst bei kleineren Positionen – dort, wo es für manche Künstler besonders wehtut – wohl noch nachjustiert wird im Abgeordnetenhaus.

Entspannung zeichnet sich auch bei den Uferhallen in Wedding ab. Es sieht so aus, als sollten die Mietverträge für die Künstlerateliers mithilfe des Senats erhalten bleiben. Dies ist ein prominentes Projekt, eine Frage des Prestiges, aber deshalb nicht verkehrt. Chialo will Kulturräume schützen und erweitern. Kontakte zur Wirtschaft können dem Ex-Manager dabei helfen.