Zukunft des Exilmuseums : Plötzlich in Schockstarre

Unter den zahlreichen Ehrenämtern, die der so plötzlich verstorbene Christoph Stölzl innehatte, war das des Gründungsdirektors des Exilmuseums sein anspruchsvollstes. Wer, wenn nicht der durch alle nur denkbaren Stürme hindurchgegangene Gründer des Deutschen Historischen Museums, wäre imstande, ein Museum von Grund auf aufzubauen?

Und es hatte sich ja bestens angelassen, bis hin zum weithin gerühmten Architekturentwurf der Dänin Dörte Mandrup, der die verlotterte Rest-Ruine des Anhalter Bahnhofs mit großer Geste umfängt und einen Ort von internationaler Strahlkraft zu schaffen verspricht.

Doch nun fehlt derjenige, der die Vielzahl der Anregungen zu einem stimmigen Konzept verdichten und mit einer Objektsammlung anschaulich machen sollte. „Wir sind alle noch in Schockstarre“, gesteht Bernd Schultz freimütig. Schultz, der Motor des Museumsplanes mit vollem Einsatz eigener finanzieller Möglichkeiten, wird den Vorstand des Exilmuseums zusammenrufen, um schnellstmöglich die Nachfolge Stölzls zu bestimmen.

Mit ihm stehen Ruth Ur, Kai Drabe, der bestens vernetzte Ex-Kulturstaatssekretär André Schmitz und der zuzeiten für den Schloss-Wiederaufbau zuständige Johannes Wien vor der Aufgabe, eine Persönlichkeit zu benennen, die imstande ist – und es sich zutraut –, in die großen Fußstapfen Stölzls zu treten. Schultz hat bereits zwei bis drei Namen in petto, die anzusprechen wären – in aller Diskretion, versteht sich, bei dem Renommee, aber zugleich dem Anspruch dieser Aufgabe.

Der Weg ist jedenfalls gebahnt, auch wenn die Inflation im Bausektor eine seriöse Kostenschätzung erschwert. Schultz spricht von „fünfzig bis sechzig Millionen Euro“, die nach gegenwärtigem Stand aufzubringen wären, und immerhin zwanzig Millionen „haben wir“, wie er betont. Und eben der Architekturentwurf ist da, ein Pfund, mit dem gewuchert werden kann, nicht zuletzt bei Besitzern bedeutsamer Objekte.

Dass das Exil „ein weißer Fleck“ auf der deutschen Erinnerungslandkarte sei, hatte Stölzl vor Jahren moniert. Damit es für immer im kollektiven Gedächtnis verankert werde, braucht’s das Museum, am Anhalter Bahnhof in Berlin, von wo die Züge in die erzwungene Fremde abfuhren.

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