Wie die Rolling Stones ohne Charlie Watts weitermachen

Der Unterhaltungsbranche wird ein gewisser Zynismus nachgesagt. Ihr oberstes Gebot lautet: „The Show must go on“. Egal, was passiert, am Abend muss sich der Vorhang öffnen. An diese Regel hält sich auch die älteste Rock’n’Roll-Band der Welt. Am Sonntag haben die Rolling Stones planmäßig ihre „No Filter“-Welttournee fortgesetzt, die wegen der Pandemie unterbrochen worden war. Das Konzert im ausverkauften Football-Stadion von St. Louis war der erste Auftritt ohne den vor kurzem verstorbenen Schlagzeuger Charlie Watts, der 59 Jahre zur Band gehört hatte.

Händchen halten mit Keith Richards

„Dies ist unsere allererste Tournee, die wir ohne ihn machen“, sagte Mick Jagger. „Wir werden Charlie so sehr vermissen, auf und neben der Bühne.“ Er hielt dabei Händchen mit Keith Richards. Der Sänger und der Gitarrist, 78 und 77 Jahre alt, sind die beiden letzten noch aktiven Mitglieder aus der Urbesetzung der Gruppe, die sich 1962 in London gegründet hatte. Neben ihnen stand Ron Wood, der seit 1974 die Rhythmusgitarre spielt. Jagger sprach von einem „sehr emotionalen Moment“ und bedankte sich bei den Fans für die Anteilnahme am Tod von Watts.

Keith Richards und Charlie Watts 2018 beim Stones-Konzert in Berlin.Foto: AFP

Man kann den Konzertauftakt, der ein Abschied war, in einem Youtube-Video sehen. Es ist eine rührende, ganz und gar unzynische Szene. Anschließend spielten die Rolling Stones ihren Song „Tumbling Dice“, der von Liebe, Sex und dem Schicksal handelt, das manchmal einem Würfelspiel gleicht.

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Charlie Watts war legendär für Lässigkeit, Stil und Minimalismus. Abseits der Konzerte kleidete er sich gern wie ein Dandy, im dreiteiligen Anzug mit Einstecktuch. Während die Rockmusik um ihn herum immer größenwahnsinniger wurde, andere Drummer bei Konzerten hinter einem unübersichtlichen Aufgebot von Trommeln und Becken verschwanden, kam Watts mit dem allernotwendigsten Instrumentarium aus.

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Gravitätisch thronte er hinter Snare- und Bass-Drum, neben sich Hi-Hat, Floortom und drei, höchstens vier Becken. Dass auf die Bass- Drum nur eine Tom-Tom-Trommel montiert war, wurde sein Markenzeichen. Ursprünglich wollte Watts Jazzschlagzeuger werden. Weil er in einer Gretsch-Werbung seine Vorbilder Max Roach und Art Blakey gesehen hatte, spielte er auf einem Drum-Kit des Herstellers aus Brooklyn.

Huldigung mit Gretsch-Schlagzeug

Steve Jordan, der für die Tournee nun Charlie Watts ersetzt, spielte ein Gretsch-Schlagzeug, das exakt so aufgebaut war wie das Instrument seines Vorgängers. Man kann das als Huldigung verstehen – oder als Beleg dafür, dass es für die auf dem Blues basierende Musik der Band keinen Firlefanz braucht. Die Rolling Stones spielten Klassiker wie „Paint It Black“ oder „Miss You“ und den neuen Song „Living in a Ghost Town“. Ein neues Album soll bald erscheinen. Auf ihm wird auch Charlie Watts zu hören sein. Zum letzten Mal.