Wenn es nicht mehr fließt
Trockenheit, Wassermangel, Hitze und Energieknappheit machen auch der Kunstwelt zu schaffen. Weil die Weser zu wenig Wasser führt, sitzt das Documenta-Schiff „Citizenship“, das sich von Berlin aus auf den Weg nach Kassel gemacht hat, fest. Nachhaltig und ohne Nutzung fossiler Energie wollte das selbstgebaute Floß, ein Projekt des Berliner Zentrums für Kunst und Urbanistik (ZKU) nach Kassel fahren.
Anfang Juni stach das Gefährt, eine umgebaute Dachkonstruktion, ausgestattet mit Sonnenkollektoren, Elektromotor und Fahrradantrieb auf der Spree in See. Über Havel, Mittellandkanal, Weser und Fulda sollte es Mitte Juli in Kassel ankommen, ein Experiment in Sachen Nachhaltigkeit, Langsamkeit und Gemeinschaft: Wenn die Energie ausgeht, helfen Ruderer von Vereinen vor Ort.
Die Weiterfahrt ist behördlich untersagt
Aber nun ist Zwangspause am Doktorsee bei Rinteln angesagt. Die Weiterfahrt der „Citizenship“ ist behördlich untersagt worden, bis die Weser wieder einen höheren Pegel erreicht. „Es kann Wochen dauern bis das Wasser wieder steigt, es bräuchte Regen“, berichtet ZKU-Mitgründer Philip Horst.
Dabei ist zu viel Regen auch eine Gefahr, wie die Flut im Ahrtal im Sommer 2021 zeigte. Trockenheit und Wassermangel sind wichtige Themen bei der Documenta, Kollektive aus Asien und afrikanischen Ländern zeigen, wie sie damit umgehen. Die Probleme der „Citizenship“ demonstrieren eindrücklich, dass uns das auch in Deutschland betrifft.
Auch die Museen kämpfen mit der Hitze. In Großbritannien wurden Mitte Juli 35 bis 40 Grad Außentemperatur gemessen. Im Victoria and Albert Museum und im British Museum in London mussten wegen zu hoher Temperaturen Ausstellungssäle geschlossen werden. Im British Museum beklagten sich die Angestellten über unerträgliche Arbeitsbedingungen, da es in manchen Räumen viel zu heiß, die Luft zu stickig war. Das Museum reagierte und schloss an den zwei heißesten Juli-Tagen jeweils zwei Stunden früher. Die Britische Museum Association forderte die Museen außerdem auf, sich als Zufluchtsorte für Wohnungslose anzubieten, die stark unter den hohen Temperaturen zu leiden haben.
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Wie die belgische Tageszeitung „The Brussels Times“ berichtete, waren die staatlichen Museen in Belgien während der Hitzewelle vor zwei Wochen für ältere Menschen über 65 kostenlos zugänglich, in Brüssel zum Beispiel im KBR Museum, im Museum für Alte Kunst, im Naturkundemuseum und im Königlichen Museum für Zentralafrika in der Gemeinde Tervuren.
Die vorrangige Aufgabe der Museen sei es ihre Sammlungen zu zeigen, aber es seien auch öffentliche Orte, die im Fall von extremer Hitze für die Bevölkerung zugänglich gemacht werden müssten, zitiert das Blatt den belgischen Staatssekretär für Wissenschaftspolitik, Thomas Dermine. Im heißen Sommer von 2018 hat es bereits ähnliche Maßnahmen in Belgien gegeben.
Keine Probleme bei den Staatlichen Museen
So weit ist man in Berlin, trotz Spitzentemperaturen um 37 Grad an manchen Tagen, noch nicht. „Hitzeprobleme gibt es in den Häusern der Staatlichen Museen bisher nicht“, so ein Sprecher. In deren Häusern wie Altes Museum, Pergamonmuseum und Nationalgalerie liegen die Richtwerte in den Sälen bei 20 bis 24 Grad und offenbar war es bisher kein Problem, diese auch einzuhalten. Die Berliner Museen sind also auch eher Abkühlungszonen. Man versuche außerdem Publikumsaktivitäten nach draußen zu verlagern, heißt es aus dem Haus.
Es gibt im Sommer etwa Open-Air-Workshops für Kinder und Jugendliche. Talks und Musik in der Kolonnaden-Bar hinter der Alten Nationalgalerie, die Neue Nationalgalerie bietet auf ihrer Terrasse an den Wochenenden eine „Sundowner-Bar“ und öffnet den Skulpturengarten für Open-Air-Konzerte, freilich am Abend, wenn die Sonne nicht mehr so hoch am Himmel steht. Die Draußen-Aktivitäten sind auch weniger auf die Hitze als auf Corona zurückzuführen; beides hängt aber mit der Veränderung des menschlichen Lebensraums zusammen.
Auch wegen der Ölkrise gilt es in den Museen, neu zu denken. Das mahnte auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth an. Kühle Räume an heißen Tagen kosten Energie, aber auch das notwendige Klimatisieren bestimmter Sammlungsbestände. Wie gespart werden kann, darüber hat Roth vergangene Woche mit Vertreter:innen des Kulturbetriebs und mehrerer Berliner Museen bei einem Treffen im Bundeskanzleramt beraten. „Die eine Stellschraube zur Senkung des Energiebedarfs gibt es in unseren Häusern nicht“, sagte Christina Haak, stellvertretende Generaldirektorin der Staatlichen Museen dem rbb. Aber man wird sich etwas einfallen lassen müssen – in vielerlei Hinsicht.