Eine Frage der Repräsentation

Das Nachmittagsprogramm der ARD gilt als eingestaubt, das Publikum bewegt sich zum größten Teil jenseits der 50. Umso überraschender, als die Nachricht vor einigen Wochen kam, dass Lucy Hellenbrecht, bekannt als Kandidatin aus „Germany’s Next Topmodel“, eine Hauptrolle in der ARD-Telenovela „Rote Rosen“ übernimmt.

Das fühle sich an „wie ein Meilenstein der deutschen LGBTQ+ Community“, schrieb die 21-Jährige auf Instagram. Sie wird Nico spielen, eine Pferdewirtin, die trans ist – genau wie Lucy Hellenbrecht selbst.

Der NDR zeigt eine Reportage über queere Menschen

Die erste Folge mit ihr wird am 31. Mai ausgestrahlt, am Diversity-Tag, den die Initiative Charta der Vielfalt in diesem Jahr zum zehnten Mal organisiert. Seit einigen Jahren sind die öffentlich-rechtlichen Sender mit Aktionen dabei. Zahlreiche Sendungen zum Thema Vielfalt stehen im Programm, darunter die NDR-Reportage „Jeder Tag ein Kampf? Queere Menschen in Deutschland“ und die neue WDR-Talkshow „Andaz“ mit der von Instagram bekannten Musikerin Tülin Tekkal. „Die Medien sind ein wichtiger Schlüssel für das Thema Diversity“, sagt Stephan Dirschl, Sprecher der Charta der Vielfalt. „Sie repräsentieren die Welt, die wir als real wahrnehmen.“

[Mehr Neuigkeiten aus der queeren Welt gibt es im Queerspiegel-Newsletter des Tagesspiegel, der zweimal im Monat erscheint – hier geht es zur Anmeldung.] 

Auch hinter den Kulissen geht es langsam voran. Einer Studie der Uni Rostock zufolge führen Frauen bei deutschen Kino- und Fernsehfilmen zunehmend Regie. So lag der Anteil der Regisseurinnen bei ARD und ZDF 2020 bei 29 Prozent – 2010 waren es noch 11 Prozent. Ein Gleichstand von Frauen und Männern ist demnach bei dieser Entwicklung beim ZDF in zwei Jahren möglich, bei der ARD 2027. Im Kino könnte es 2026/2027 soweit sein.

Ganz uneigennützig sind die Initiativen der Sender nicht. Diversity bringt Quote, das hat zuletzt die neue Staffel „Germany’s Next Topmodel“ gezeigt, die bei den 14 bis 49-Jährigen klar die Konkurrenz hinter sich gelassen hat. Die ARD dürfte sich durch die Verpflichtung der einstigen Topmodel-Kandidatin Hellenbrecht auch versprechen, bei dieser so wichtigen Zielgruppe endlich besser anzukommen. (mit dpa)