Was die Berliner Philharmoniker planen: Der Chef geht mit gutem Beispiel voran
Komponisten können gnadenlos sein – ihr Urteil über die Arbeit von Kollegen formulieren sie oft radikaler, als Kritiker es je wagen würden: Dmitri Schostakowitsch hielt Arnold Schönbergs Zwölftonmusik für „engstirnigen Dogmatismus“, Felix Mendelssohn war der Meinung, sich nach der Durchsicht einer Partitur von Hector Berlioz die Hände waschen zu müssen, und Johannes Brahms nannte die Sinfonien Anton Bruckners „einen Schwindel“.
„Kontrovers!“ lautet das Motto der Berliner Philharmoniker für die Saison 2025/26, das Orchester will dabei aber nicht nur die Konflikte betonen. Schließlich können sich inhaltliche Auseinandersetzungen auch als fruchtbar erweisen, wenn es darum geht, die Grenzen der Kunst zu weiten, ästhetisches Neuland zu erobern.

© Peter Adamik
Wie gewohnt, geht Chefdirigent Kirill Petrenko mit gutem Beispiel voran und präsentiert die aufregendsten Programme. Gleich zum Saisonstart kombiniert er Brahms mit Pascal Dusapin und Bernd Alois Zimmermann, im Oktober folgen mit Bartoks „Der wunderbare Mandarin“ und Strawinskys „Petruschka“ emblematische Ballettmusiken des frühen 20. Jahrhunderts.
Silvester dirigiert Petrenko französische Opernarien und russische Romantik, im Januar wagt er sich an Gustav Mahlers extrem personalintensive 8. Sinfonie (die allerdings auch das DSO und die Komische Oper bereits im September gemeinsam aufführen, spektakulär in einem Hangar des Flughafens Tempelhof). Eine absolute Rarität ist Skrjabins mystische „Dritte“, die Petrenko mit Brahms Violinkonzert zusammenspannt. Seine Solistin wird dann Janine Jansen sein, 2025/26 „Artist in Residence“ der Philharmoniker.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Richard Wagners „Rheingold“, mit dem das Orchester bei den Salzburger Osterfestspielen eine „Ring des Nibelungen“-Neuinszenierung startet, präsentiert Petrenko anschließend konzertant in der Philharmonie. Und Ende Juni 2026 folgt dann ein Abend mit Werken von gleich fünf verschiedenen italienischen Komponisten in der Waldbühne.
Während die Berliner Staatsoper auch für die kommende Spielzeit ihr Barock-Festival ausgesetzt hat, erklingt in der Philharmonie außergewöhnlich viel Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Im November gibt es ein hochkarätig besetztes Barock-Wochenende, die Alte-Musik-Spezialisten Raphael Pichon und Jordi Savall werden sowohl mit ihren eigenen Ensembles zu erleben sein wie auch als Gastdirigenten der Philharmoniker. Außerdem wird das 30-jährige Gründungsjubiläum der Berliner Barock Solisten gefeiert, die sich aus den Reihen des Orchesters rekrutieren, sowie der 60. Geburtstag der Orgel im Scharoun-Bau.
Neben Altmeistern wie Herbert Blomstedt und Daniel Barenboim sind in der nächsten Saison auffallend viele jüngere Maestri eingeladen: Klaus Mäkelä, Jakub Hrusa und Lahav Shani kommen zum wiederholten Mal, Thomas Guggeis, Mirga Grazinyte-Tyla und Petr Popelka debütieren.
Ticketpreise werden erhöht
Von den Sparvorgaben des Senats ist auch das Spitzenorchester betroffen. Die Philharmoniker haben die Summe von 4,3 Millionen Euro aus Coronamitteln für die Erbringung der pauschalen Minderausgabe eingebracht. Aufgrund des gestiegenen Einnahme-Drucks werden in der kommenden Spielzeit die Ticketpreise um fünf Prozent erhöht.
Seinen 150. Geburtstag will das Orchester 2032 noch in seinem Stammhaus feiern. Anschließend aber muss das von Hans Scharoun entworfene Gebäude saniert werden. Erste Vorbereitungen dafür laufen bereits.