Versteckspielerei: Wenn Popstars verschwinden
Wenn Popstars für längere Zeit verstummen, kann das eine PR-Strategie sein. Oder an einer kreativen Krise liegen. Es trägt auf jeden Fall zur eigenen Mythenbildung bei und lässt Fans zu Orakeln werden, die über kleinste Regungen spektulieren. Kate Bush liegt weit vorn in der J. D. Salinger-Skala der unsichtbaren Stars. Zwischen zwei Konzerten von ihr vergingen schon mal 35 Jahre, wobei sie sich nach ihrem letzten Auftritt im Jahr 2014 umgehend wieder zurückzog. Auch ohne Bushs Zutun erreichte ihr Hit „Running Up That Hill“ im vergangenen Sommer die UK-Chartspitze – dank der Serie „Stranger Things“ liebten ihn plötzlich auch Teenager. Zu einem Comeback hat das die britische Musikerin allerdings nicht motivieren.
Ein anderer Versteckspieler ist der US-Amerikaner Frank Ocean, dessen Fans schon lange auf den Nachfolger seines Albums „Blond“ (2016) warten. Immer wieder gab es Gerüchte, dass es nun bald so weit sei, vor allem, nachdem er im Herbst alle Inhalte seines Instagram-Accounts gelöscht hatte. Doch ein weiteres Mal geschah nichts, bis auf ein bizarres Statement auf einem Poster, in dem Ocean in der dritten Person über sein wiedergefundenes Interesse am Album-Format fabulierte.
Ehrlich gesagt, überwiegt bei mir die Sorge und nicht die Neugierde auf ein neues Werk von Frank Ocean, dessen Neo-R’n’B-Debüt „Channel Orange“ zu meinen Lieblingsalben der jüngeren Popgeschichte zählt. Schon auf „Blond“, dem ein nerviges Hin und Her vorausgegangen war, wirkte er ziellos, ließ sein Talent zwar aufblitzen, war aber weit entfernt von früheren Höhenflügen. Eine Minderheiten-Meinung, ich weiß. Der „Guardian“ hatte beispielsweise „ein Album von rätselhafter Schönheit, berauschender Tiefe und intensiver Emotion“ gehört. Vielleicht zu rätselhaft für mich, mehr davon sehne ich jedenfalls nicht herbei.
Ich fände es sogar begrüßenswert, wenn Frank Ocean dem Beispiel von Rihanna folgen würde: Die Branche wechseln – sie ist ja jetzt vor allem Kosmetikunternehmerin – und nur noch gut bezahlte Gelegenheitsauftritte hinlegen wie kürzlich beim Super Bowl. Frank Ocean ist im April als Headliner beim Coachella-Festival gebucht, was ebenfalls als Hinweis auf ein neues Album gewertet wurde. Aber warum der Stress? Der 35-Jährige hat genug alte Hits, die sicher eine tolle Show ergeben.
Diese Kolumne erscheint alle zwei Wochen samstags und beschäftigt sich mit Popkultur-Phänomenen.
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