Verfassungsbeschwerde eingelegt: Journalistenverband verurteilt Abhöranordnung
Das Landgericht München I hat in zweiter Instanz eine Beschwerde der Journalisten Jörg Poppendieck (Reporter unter anderem für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“) und Jan Heidtmann (Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ für Berlin und Brandenburg) zurückgewiesen.
Mit Unterstützung von „Reporter ohne Grenzen“ und der „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ hatten sie gegen eine Abhörmaßnahme der Generalstaatsanwaltschaft München geklagt, wie die Organisationen am Mittwoch mitteilten. Zuvor hatte bereits das Amtsgericht München im vergangenen Jahr die Klagen zurückgewiesen. Am Freitag hat der Fall eine neue Wendung genommen.
Die Münchener Generalstaatsanwaltschaft hatte zwischen November 2022 und April 2023 einen Berliner Festnetzanschluss der Klimaschutz-Organisation „Letzte Generation“ abgehört, obwohl dieser auf der Website als „Pressetelefon“ ausgewiesen war. Dabei seien belegbar auch Gespräche von Poppendieck und Heidtmann abgehört worden, so die Beschwerdeführer. Nach früheren Angaben war in beiden Fällen eindeutig erkennbar, dass es sich um journalistische Gespräche gehandelt habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte den Telefonanschluss im Rahmen ihrer Ermittlungen gegen die „Letzte Generation“ wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung abgehört.
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Anders als das Amtsgericht München, das auf die beanstandete Verletzung der Pressefreiheit und des Fernmeldegeheimnisses nicht einging, kommt das Münchener Landgericht zu dem Schluss, dass die Abhörmaßnahme einen tiefgehenden Eingriff in die Pressefreiheit bedeutet. Die Überwachungsanordnung wurde dennoch erneut als verhältnismäßig gewertet.
Weitere rechtliche Schritte sollen geprüft werden
Die Pressefreiheit und das Fernmeldegeheimnis sind durch das Grundgesetz geschützt. Die Organisationen „Reporter ohne Grenzen“ und „Gesellschaft für Freiheitsrecht“ kündigte an, „gegen diese Entscheidungen weitere rechtliche Schritte“ zu prüfen.
Am Freitag hat der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) für ein betroffenes Mitglied Verfassungsbeschwerde gegen das Abhören des Pressetelefons eingereicht. „Der Staat darf vertrauliche Gespräche von Journalistinnen und Journalisten nicht pauschal abhören. Das ist ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit“, sagt der BJV-Vorsitzende Harald Stocker laut epd am Freitag. „Wir verurteilen scharf, dass hier keine sorgfältige Abwägung stattfand.“
„Gezielte staatliche Überwachung von Journalisten gefährdet die Pressefreiheit und damit unsere Demokratie. Das darf von Gerichten in einem Rechtsstaat nicht einfach so durchgewunken werden“, erklärte Benjamin Lück als Verfahrenskoordinator bei der „Gesellschaft für Freiheitsrechte“.
„Journalistische Arbeit braucht vertrauliche Kommunikation. Die Pressefreiheit und in diesem Fall das Fernmeldegeheimnis hätten daher bei den strafrechtlichen Ermittlungen schon vom Amtsgericht unbedingt besonders berücksichtigt werden müssen“, sagte Nicola Bier als Rechtsanwältin der Beschwerdeführer. „Eine angemessene Abwägung ergibt: Die Überwachung des Pressetelefons war nicht verhältnismäßig.“