Thomas Kapielski meldet sich zurück: Neues aus der Berliner Ökonomie

Man hatte sich wirklich Sorgen gemacht, so still war es um ihn geworden. Und gefragt: Was ist los mit Thomas Kapielski? Mit dem Berliner Schriftsteller und Künstler, dem Großmeister des Sozialmanierismus und des Trinker-Undergrounds, dem Helden und Urgetüm der Berliner Ökonomie, dem begnadeten, wortgewaltigen Sprachmetz?

Ist er es endgültig leid geworden, dass die Jurys in Leipzig und Frankfurt oder sonstwo konsequent an ihm vorbei ihre Preise verleihen? Nur weil er einst schrieb, kurz bevor er beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt seinen Einstand im etablierten Literaturzirkel feierte: „Aber ach, man war dem Kunstbetrieb geflohen und geriet nun in den Schlick des nächsten Idiotenbetriebs.“

Besser als T.C. Boyle und Twitter

Aber darf ein Schriftsteller nicht einmal längere Zeit nichts von sich hören lassen? Schreiben ist bekanntlich keine Arbeit für die Öffentlichkeit. (Es sei denn, man heißt T.C. Boyle, fährt Deutsche Bahn und twittert darüber). Aber zwei Jahre sind inzwischen Maximum ohne Buchveröffentlichung, erst recht nach der Pandemie, in der die Zeit sich zusätzlich zu dehnen schien. Kapielskis letzter Roman „Kotmörtel“ erschien im Frühjahr 2020, zu Beginn der Pandemie, und verschwand wie so manches andere Buch in den Lockdowns.

„Lebendmasse“ fürs Gesamtluftwerk

Doch nun hat der Suhrkamp Verlag Entwarnung gegeben und eine Werbemail herumgeschickt mit dem Verweis auf einen neuen Schmöker des Berliner Autors. Anfang September wird er erscheinen. Sein Titel: „Lebendmasse“, eine „Autobiografie in Gesprächsform“, wie Suhrkamp mitteilt.

Nicht, dass Kapielski nicht schon immer sehr viel aus seinem Leben erzählt hätte. Doch für Einfälle ist der Mann stets gut: „Acht längere Unterredungen“ (so der Untertitel) hat er mit sich geführt. Er stellt sich Fragen („Ja, dann frage ich Sie doch mal direkt: Trinken Sie beim Schreiben? Das erledigen Sie ja wohl vormittags.“), gibt Antworten („Nee, beim Schreiben saufe ich nicht“), im Grunde um keine verlegen.

Allein die Aufzählung der Themen zu Beginn zeigt an, dass „Autobiografie“ nicht zu viel versprochen ist: etwa Merve Verlag, SO 36, Zille-Zwiebeln oder Verkanntentreffen. Wer wissen will, wie es um das weirde Kleinkunst- und Kleinbürger-(West)-Berlin der achtziger und neunziger Jahre und später bestellt war, kommt um diese „Lebendmasse“ nicht herum