Statistiken des Grauens: Das unerwartete deutsche WM-Aus hat erwartbare Gründe
Die deutschen Fußball-Nationalspieler konnten das Aus bei der Weltmeisterschaft in Katar am Donnerstagabend kaum begreifen. Dabei hatten sie ihre Hausaufgaben beim 4:2 gegen Costa Rica zum Teil gemacht, nur machte Japan mit dem Sieg gegen Spanien einen Strich durch die Achtelfinal-Rechnung.
Am Ende fehlten den Deutschen fünf weitere Tore, um an Spanien vorbei auf Platz zwei der WM-Gruppe E zu ziehen. Klar ist aber auch, dass das DFB-Team die Achtelfinale-Chance letztlich bereits durch die 1:2-Auftaktniederlage gegen Japan aus der Hand gegeben hatte.
Denn betrachtet man die „expected goals“ verschiedener Datenanbieter, die Wahrscheinlichkeit eines Tores basierend auf der Spielsituation, weichen Aufwand und Ertrag nicht nur in diesem Spiel grundlegend voneinander ab.
Rundet man die Wahrscheinlichkeit auf ganze Zahlen, hätte Deutschland gegen Japan mit 3:2 gewinnen statt mit 1:2 verlieren müssen. Nach dem Spiel hatte Thomas Müller von einer „irrwitzigen Niederlage“ gesprochen. Das 1:1 gegen Spanien hingegen hätte auch nach „expected goals“ Bestand – auch wenn Deutschland hier tendenziell die Nase vorn hatte.
Nach „expected goals“ wäre Deutschland Gruppensieger
Gegen Costa Rica hätte es der Torwahrscheinlichkeit zufolge einen 6:1-Sieg für Deutschland geben müssen. Nimmt man die „expected goals“ als Grundlage, wäre das Team von Bundestrainer Hansi Flick also souverän mit sieben Punkten durch die Gruppenphase spaziert. Übrigens punktgleich mit Spanien, die allerdings weniger „expected goals“ vorweisen.
Letztere Information ist nicht verwunderlich: Denn Deutschland ist tatsächlich das Team, das der Wahrscheinlichkeit nach die meisten Tore in diesem Turnier erzielen hätte müssen – zehn insgesamt. In der Realität sind es hingegen nur sechs geworden.
Dahinter folgen Frankreich mit sieben Treffern, England mit fünf und eben Spanien mit ebenfalls fünf. Der Unterschied: Frankreich kommt mit sechs Treffern zumindest annähernd an die „expected goals“ heran, England und Spanien (jeweils 9) übertreffen die Erwartungen sogar jeweils deutlich.
Die Deutschen sind demnach Opfer ihrer eigenen Ineffektivität geworden. Mal wieder, muss man sagen. Denn schon bei der WM 2018 in Russland hatte Deutschland gegen Mexiko und Südkorea bessere Werte vorzuweisen.
Auch im Vorfeld dieses WM-Turniers war die Chancenauswertung eine große Baustelle. So verpasste das DFB-Team im Nations-League-Spiel in England die Vorentscheidung und verlor fast noch. Gegen den Oman gelang Niclas Füllkrug erst spät der erlösende Siegtreffer.
Zwei weitere Statistiken belegen dieses Phänomen auch für die WM nochmals. Deutschland gab demnach mit 69 Torschüsse die meisten aller Teilnehmer nach drei Spielen ab. Das oft nicht viel fehlte, zeigt zudem: Kein Team traf häufiger Pfosten oder Latte als Deutschland – und zwar insgesamt fünfmal. Es sind Statistiken des Grauens.
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