WM-Botschafter in Katar: Weshalb starrt Lothar Matthäus unentwegt auf sein Handy?

Oops, he did it again. Als Lionel Messi beim 2:0-Sieg Argentiniens über Polen mal wieder eine eindrucksvolle Kostprobe seiner Begabung abliefert, ist es wieder so weit: In einer Spielpause schwenkt die Kamera im Stadion 974 auf die VVIP-Tribüne, wie es hier so schön heißt.

Also dahin, wo die schwerreichen Kataris in Dischdaschas über den ausladenden Ehrenboulevard vis-à-vis zum Rasen schlendern und die weitweite Fußball-Prominenz, herausgeputzte Damen im kleinen Schwarzen und sonstige Honoratioren in flauschig-weinroten Kinosesseln das Spielgeschehen verfolgen, und plötzlich erscheint Lothar Matthäus auf den riesigen Bildschirmen im weiten Rund.

Vor ihm sitzt der argentinische WM-Veteran Jorge Valdona, ein Fußballphilosoph, und diskutiert mit Nebenleuten hitzig die vorangegangene Aktion auf dem Platz. Der deutsche Rekordnationalspieler jedoch, scheint von all dem keine Notiz zu nehmen, er starrt apathisch in den Bildschirm seines Mobiltelefons.

Vor diesem Turnier wurde in den Medien harsche Kritik an den vielen Alt-Internationalen geübt, die sich offenbar vom Staat Katar dafür bezahlen lassen, vor und während Turniertage als Celebritys gute Miene zum Sportevent im Wüstenstaat zu machen. David Beckham drehte Werbeclips, die ihn auf einer Luxusyacht im Hafen von Doha zeigen, in denen er schwärmt, er könne gar nicht erwarten, endlich seinen Kindern dieses wunderschöne Land zu zeigen.

Lothar Matthäus schwärmte von der „großen Faszination“ Katars

10 Millionen Pfund soll der Brite für seine Botschaftertätigkeit aus Katar dafür erhalten haben. Der Brasilianer Cafu, Kameruns Samuel Eto’o, der Holländer Ronald de Boer oder auch der Katalane Xavi, sie alle sind während der WM im Auftrag des Emirats und der Fifa im Einsatz. Ob und wie viel Geld sie für ihr Engagement erhalten, ist unbekannt.

Auch wie der Aufwand von Lothar Matthäus abgegolten wird, wissen nur er selbst und sein Steuerberater. Zumindest ließ es sich der gelernte Raumausstatter nicht nehmen, schon vor Beginn der Spiele zu loben, von Katar ginge für ihn „eine große Faszination“ aus. 

10

Millionen Pfund soll David Beckham als WM-Botschafter erhalten haben.

Wer Matthäus nun jedoch während der Gruppenphase in einer der luxuriösen Arenen entdeckt, bekommt Zweifel, ob es der 61-Jährige mit seinem Bekenntnis wirklich ernst meint. Ständig hat er sein Handy vor der Nase. Schon bei der Eröffnungsfeier im Al Bayt Stadion, in Schlagdistanz zu Fifa-Boss Gianni Infantino, wischt er während der zugegeben eher öden Partie zwischen Gastgeber Katar und Ecuador pausenlos über sein Display.

Tags zuvor tritt er beim Fan-Festival an der Küstenpromenade Corniche als eine von elf „FIFA-Legends“ an der Seite von unter anderem Bebeto, Ali Daei, „Spillo“ Altobelli, Roberto Carlos und Thomas Berthold auf, um den WM-Pokal offiziell nach Doha zu überführen.

Als seine Kollegen auf die Bühne gerufen werden, genießen sie sichtlich bewegt den tosenden Applaus der Zehntausenden. Nur uns „Loddddhar“ hat keine Augen für den begeisternden Empfang, sondern stolpert mit gerecktem Telefonino aus der Kulisse, so als befände er sich gerade in einem wichtigen WhatsApp-Call.

Zwei Tage später auf der Tribüne des Khalifa International Stadion beim Spiel England gegen den Iran das gleiche Schauspiel. Trotz eines unterhaltsamen Matches mit acht Treffern sieht man den 150-maligen Alt-Internationalen wieder mehrfach mit dem Handy hantieren.

Ein bisschen Aufklärung täte gut

Was macht er da bloß? Schreibt er an einem neuen Tagebuch, ganz up to date als Vlog, um die Bilder nach der WM meistbietend zu verkaufen. Arbeitstitel: „Laute Tage in Qatar. Von einem Weltmeister, der auszog, seine Seele zu verkaufen.“. Kabelt er an die Kumpels bei der Springer-Postille „Sport Bild“ die neuesten Erkenntnisse für seine WM-Kolumne?

Ist es viel profaner und er demonstriert nur seiner neuen Flamme, in welch illustren Kreisen er sich gerade tummelt und lässt die Angebetete daran teilhaben? Oder hat der als Aktiver stets ein bisschen auf Krawall gebürstete Jahrhundertkicker am Ende nach der harschen Kritik an seinem Kuscheln mit den Kataris vielleicht doch einen subversiven Plan?

Sackt er zugunsten des guten Zwecks einerseits die dicke Kohle aus dem Scheichtum ein und absolviert auf der anderen all seine WM-Auftritte mit größtmöglicher Gleichgültigkeit, um damit die Absichten seiner Auftraggeber, vom Glanz des Weltstars aus Deutschland selbst ein bisschen abzukriegen, auf clevere Art zu unterminieren.

Ein kurzer Anruf zur Aufklärung, lieber Lothar, wäre nett!

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