Schweden holt durch ein Tor in letzter Sekunde den Titel
Andreas Palicka warf sich auf den Boden, küsste das Linoleum – erst dann rannte er zum Rest seines schwedischen Teams, das sich zum Jubel versammelt hatte. Allen fiel eine große Last von den Schultern, nachdem Niclas Ekberg mit einem Strafwurf in der letzten Sekunde das Finale der Handball-Europameisterschaft gegen Spanien mit 27:26 (13:12) für seine Farben entscheiden konnte.
Schon in der zweiten Minute hatte sich Torhüter Palicka das erste Mal auszeichnen können. Und der gute Start war nur der Anfang. Bis zur Pause hatte der ehemalige Mannheimer bereits sieben, teils spektakuläre Paraden auf seinem Konto. In der 19. Minute konnte sich Palicka sogar in die Torschützenliste eintragen und knüpfte da an, wo er im Halbfinale aufgehört hatte. Gerade aus der Corona-Quarantäne zurückgekehrt war er gegen Frankreich zwischenzeitig sogar bester Werfer der Partie, als er in der 20. Minute bereits das dritte Mal den Ball im gegnerischen Tor unterbrachte.
Doch Palicka war nicht der einzige Schlussmann, der sich am Finaltag auszeichnen konnte. Im Spiel um Platz drei lieferten bereits Frankreichs Vincent Gerard und Dänemarks Niklas Landin Weltklasse ab. Überragend war ebenfalls Berlins Jacob Holm, der mit seinen zehn Toren einen bedeutenden Anteil daran hatte, dass Dänemark nach Verlängerung mit 35:32 Bronze gewann.
Palicka auf der anderen Seite durfte am Sonntagabend nicht nur den Titel feiern, sondern wurde auch zum Spieler des Spiels gewählt. Eine herausragende Leistung, erst recht, wenn man bedenkt, dass er einer von über 100 Spielern war, die sich in dem Turnier mit dem Coronavirus infiziert hatten – hinzu kommen einige Trainer sowie mehrere Schiedsrichtergespanne, Physiotherapeuten, Ärzte und etliche Delegierte.
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Trotz dieser Zahlen zog die Europäische Handball-Föderation am Samstag ein positives Fazit. „Es ist gelungen, ein Großevent in schwierigen Zeiten in zufriedenstellender Weise zu organisieren”, sagte Präsident Michael Wiederer. Ein Resümee, dem sich die deutsche Mannschaft vielleicht nur bedingt anschließt. Mit 28 Spielern in Bratislava und weit mehr als einem Dutzend Infizierten stellte Deutschland das größte Handballteam aller Zeiten. Ein Rekord, der sicherlich verzichtbar gewesen wäre.
Trotzdem produzierte das deutsche Team nicht nur negative Schlagzeilen. Die Mannschaft um Kapitän Johannes Golla schloss das Turnier als Siebter ab, der 24-Jährige selbst wurde als bester Kreisläufer der EM ausgezeichnet. Derweil wurde sein Vereinskollege aus Flensburg Jim Gottfridsson zum MVP gekürt. Der Schwede erhielt die Auszeichnung bereits zum zweiten Mal – das durften bisher nur die Handballlegenden Ivano Balic und Nikola Karabatic von sich behaupten.
Die Bundesliga war am Wochenende reichlich vertreten – schon am 9. Februar beginnt die Rückrunde
Im Finale profitierten einmal mehr die Kreisspieler von Gottfridssons Übersicht, während der 29-Jährige selbst dreimal traf. Allerdings war ihm – wie zahlreichen anderen Akteuren – die Erschöpfung anzusehen. Es ist ohnehin erstaunlich, wie es der Mittelmann mit der Belastung durch Liga und Champions League geschafft hat, auch bei der Europameisterschaft seine Klasse kontinuierlich abzurufen.
Bei ihm und den zahlreichen anderen Bundesliga-Spielern, die an dem Turnier teilgenommen haben, wird es interessant sein zu sehen, wie sie mit der erneuten Belastung umgehen. Allein am Finalwochenende standen 35 Handballer aus der Bundesliga auf dem Parkett und es ist nicht verwunderlich, dass man sich in Deutschland um den für den 9. Februar terminierten Rückrundenstart sorgt – einmal ganz abgesehen von den am kommenden Wochenende stattfindenden Viertelfinals des DHB-Pokals.
Doch all das interessierte die Spieler am Sonntagabend noch nicht. Schon gar nicht die Schweden, die sich von den zahlreichen mitgereisten Fans unter den 14.238 Zuschauer in der Budapester Arena feiern ließen.