Die besten Comics 2021 – Sabine Scholz‘ Favoriten

Auch in diesem Jahr fragen wir unsere Leserinnen und Leser wieder, welches für sie die besten Comics der vergangenen zwölf Monate waren – hier eine erste Auswahl der Ergebnisse. Unter allen Einsendenden werden wertvolle Buchpakete verlost.

Parallel dazu istwie bereits in den vergangenen Jahren wieder eine Fachjury gefragt. Die besteht in diesem Jahr erneut aus acht Autorinnen und Autoren der Tagesspiegel-Comicseiten: Barbara Buchholz, Christian Endres, Lara Keilbart, Rilana Kubassa, Moritz Honert, Sabine Scholz, Ralph Trommer, Lars von Törne.

Sabine Scholz.Foto: Privat

Die Mitglieder der Jury küren in einem ersten Durchgang ihre fünf persönlichen Top-Comics des Jahres, die in den vergangenen zwölf Monaten auf Deutsch erschienen sind. Jeder individuelle Favorit wird von den Jurymitgliedern mit Punkten von 5 (Favorit) bis 1 (fünftbester Comic) beurteilt.

Daraus ergibt sich dann die Shortlist, auf der alle Titel mit mindestens fünf Punkten oder mindestens zwei Nennungen landen. Diese Shortlist wird abschließend von allen acht Jurymitgliedern erneut mit Punkten bewertet – daraus ergab sich die Rangfolge der besten Comics des Jahres, die am 23. Dezember im Tagesspiegel veröffentlicht wird.

Die Favoriten von Tagesspiegel-Autorin Sabine Scholz

Platz 5: „My broken Mariko“ von Waka Hirako

Das Titelbild von „My broken Mariko“.Foto: Egmont Manga

Achtung Trigger: Suizid, Missbrauch, Depression. Ein Manga, der mich dieses Jahr besonders berührt hat, ist „My broken Mariko“. Die Geschichte über eine junge Frau, die ihre beste Freundin durch einen Suizid verliert, hat mich noch lange nach dem Lesen beschäftigt. Zeichnerin Waka Hirako blickt aufrichtig und emotional auf die Gewissensbisse und Gedanken sowie die Gefühle der Ohnmacht der Hinterbliebenen. Sie spricht Themen wie Missbrauch und Depression an und erreicht dabei eine bedrückende Authentizität. Ihre derben, teils absurd-komischen Zeichnungen verleihen den hemmungslosen Emotionen, der tiefen Trauer und der verzweifelten Wut der Figuren Kraft.

Platz 4: „Jujutsu Kaisen“ von Gege Akutami

Inspiriert von „Naruto“ und „Bleach“: Eine Szene aus „Jujutsu Kaisen“.Foto: Kazé Manga

Der bislang in 17 Bänden noch unvollendete Shonen-Manga „Jujutsu Kaisen“ von Gege Akutami ist einer der derzeit erfolgreichsten Vertreter seines Genres. Zum einen, weil er traditionsbewusst bekannte Action-Erzählmotive neu kombiniert und sich von anderen Größen seines Metiers wie „Naruto“ inspirieren lässt, und zum anderen, weil er eine besondere Hauptfigur besitzt. Yuji ist ein Held aus Überzeugung, idealistisch, selbstlos und selbstbewusst. Er hat von Haus aus große Körperkräfte und ist daher als Einziger in der Lage, den berüchtigten König der Flüche, Sukuna, in Schach zu halten. Wie der Jugendliche das herausgefunden hat? Er hat einen dämonischen Finger verspeist (!), der einen Teil der Macht des gefährlichen Fluchs in sich trug und ist diesem nicht zum Opfer gefallen. Nun muss Yuji noch weitere neunzehn eklige Finger-Snacks zu sich nehmen, um Sukuna endgültig zu vernichten.

Platz 3: „Kitaro“ von Shigeru Mizuki

Kitaro (mit Schal) in einer Szene aus dem zweiten Band der Reihe.Foto: Reprodukt

Wer sich für die Geschichte und die großen Namen des Manga interessiert, kommt an ihm nicht vorbei: Shigeru Mizuki ist einer der populärsten Zeichner seiner Zeit. Er hat zudem den Yokai, düsteren Figuren des japanischen Volksglaubens, in seinen Werken ein Denkmal gesetzt und sie damit vor dem Vergessen bewahrt. Sein in Japan wohl populärstes Werk ist „Kitaro“, ein Horrorcomic für Kinder. Darin erzählt er von dem einäugigen Geisterjungen Kitaro, der umherreist und sich mit jeder Menge unheimlicher Wesen, aber auch unangenehmen Menschen anlegt. Die Figur hat ihren Ursprung in der Welt der japanischen Erzähltheater, dem Kamishibai, und auch der Zeichenstil vereint dessen szenischen Aufbau mit dem filmhaften Erzählen des Gekiga-Mangas.

Platz 2: „Gorm Grimm – Groß, stark, hungrig“ von Patrick Wirbeleit und Kim

Eine Szene aus „Gorm Grimm“.Foto: Kibitz

Da mein Nachwuchs inzwischen in einem Alter ist, in dem Comics immer interessanter werden und ich stets nach Lesenachschub abseits der üblichen gezeichneten Kinderkost suche, sind mir dieses Jahr einige Veröffentlichungen für Jüngere in die Hände gefallen. Einer meiner Favoriten ist der Band „Gorm Grimm – Groß, stark, hungrig“ von Patrick Wirbeleit und Kim. Die Geschichte von Julius, der sich mit einem aus der Vergangenheit in die Gegenwart versetzten echten Wikinger herumschlagen muss, hat alles, was junge Lesende begeistern kann: eine humorvoll und pointiert erzählte Geschichte, coole Figuren und witziges Artwork.

Platz 1: „Search And Destroy“ von Atsushi Kaneko

Speedline-Gewitter: Eine Doppelseite aus „Search and Destroy“.Foto: Carlsen

Mein Favorit 2021, der kompromisslose Sci-Fi-Action-Manga „Search And Destroy“ von Atsushi Kaneko, ist eine futuristische Interpretation von Osamu Tezukas Samurai-Klassiker „Dororo“. Die düstere dreibändige Reihe versetzt die grundlegende Handlung des Dark-Fantasy-Mangas in ein Nachkriegsszenario im Retro-Sowjet-Fellmützen-Style: Hyaku ist auf der Suche und jagt, stets gefolgt von der Waise Doro, achtundvierzig mechanischen Kreaturen nach. Die stahlen dem androgynen Hauptcharakter einst jeweils ein Körperteil. Der dystopische, kompromisslose Rachefeldzug in gestochen scharfen Schwarzweiß-Kontrasten wird vor allem Fans von Tsutomu Nihei und Yukito Kishiro begeistern.