Schmeißt das ZDF nun Sandro Wagner raus?: Rassismus am Mikrofon

Man kann die Uhr danach stellen, meist dauert es nicht lange, bis ein ehemaliger Fußballer sich am Mikrofon – euphemistisch formuliert – vergaloppiert. Am Sonntag, beim 1:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Spanien, war es mal wieder so weit. Sandro Wagner, wegen seinem Mix aus Fachkenntnis, Klartext und Kneipen-Jargon ein beliebter Co-Kommentator, sagte in der zweiten Halbzeit im ZDF: „Vorhin habe ich gedacht, die ganze Kurve ist voller Deutschland-Fans. Dann habe ich erst gemerkt, das sind die katarischen Bademäntel.“

Man brauchte nicht die Uhr danach stellen, die Empörung in den sozialen Medien folgte sogleich. Rassismus-Vorwürfe wurden laut. Vor allen Dingen aber: Eine schnelle Reaktion des ZDF wurde gefordert. Und zwar nicht nur eine Entschuldigung, wie sie der Sender am Sonntagabend veröffentlichte („Sandro Wagners Aussage über den Thawb ist leider in einer emotionalen Phase des Spiels passiert. Das darf es nicht. Wir werden das besprechen“). Sondern gleich der Rauswurf des ehemaligen Profis von Bayern München. Wagner selbst hat sich zunächst nicht zu seinem verbalen Fehltritt geäußert.

Derlei Aussetzer sind ein bisschen zur hässlichen Tradition geworden im deutschen Sportfernsehen. Im vergangenen Jahr verlor der ehemalige Nationalspieler Dennis Aogo seinen Job beim Bezahlsender „Sky“. „Sie trainieren das bis zum Vergasen“, hatte er gesagt.  Im Hinblick auf den Holocaust ist der Gebrauch der Redewendung ein Tabu.

Aogo gab sich glaubhaft unwissend, entschuldigte sich und gelobte, künftig genauer zu überlegen, was er von sich gebe. Interessant war der Fall auch deshalb, weil Aogo nur wenige Tage zuvor eine versehentlich an ihn gerichtete Nachricht von Jens Lehmann öffentlich gemacht hatte. Darin fragte Lehmann, ob Aogo der „Qotenschwarze“ (sic!) von Sky sei. Sky und Sport1 gaben daraufhin bekannt, künftig auf die Expertise des ehemaligen Nationaltorhüters verzichten zu wollen. Genauso der Bundesligist Hertha BSC, bei dem Lehmann beschäftigt war.

Nur ein Jahr zuvor gab es viel Wirbel um Steffen Freund. Ebenfalls ehemaliger Nationalspieler, ebenfalls ein Mann, der seine Expertise einem Millionenpublikum kundtun dar. In der Sport-1-Sendung „Doppelpass“ sagte er über den Schalker Spieler Nabil Bentaleb: „Er hat unglaublich viel Talent, ist im Endeffekt bei Schalke gelandet, aber ist französisch-algerischer Herkunft“. Und da müsse man „wissen, dass eine bestimmte Aggressivität, auch eine Disziplinlosigkeit schnell kommt, wenn er nicht derjenige ist, der gesetzt ist“. Trotz großer Aufregung schadete dies der Kommentatorentätigkeit von Freund bis heute nicht. Er arbeitet für die RTL Mediengruppe, Servus TV, die UEFA und die DFL. 

Rassistische Töne seitens der ehemaligen Fußballer sind einigermaßen verwunderlich. Handelt es sich doch um vielfach geschulte Medienprofis. Die Auflistung der Fauxpas ist nahezu endlos. Meist liegt das jüngste Beispiel wie jetzt von Sandro Wagner nicht weit zurück. Apropos: Der frühere Bundestrainer Jürgen Klinsmann faselte vor wenigen Tagen im britischen TV-Sender BBC etwas von der unsauberen Spielweise der Iraner, die in ihrer Kultur begründet liege. Und das sind alles nur die Beispiele aus Deutschland. International ist der Rassismus am Mikrofon ebenfalls ein Fass ohne Boden.

Erinnert sei etwa an Marco van Basten. Im holländischen Fernsehen hatte der ehemalige Weltklassespieler vor drei Jahren ein Interview mit Trainer Frank Wormuth mit den Worten „Sieg Heil“ beendet. Er fand es offenbar ganz witzig.

Zur Startseite