Angst vor Trumps Willkür: Warum venezolanische Sportler die USA nicht mehr verlassen
Wenn Deyna Castellanos mit dem venezolanischen Nationalteam aufläuft, sind die Stadien meist voll. In ihrer Heimat gilt die 26-jährige Fußballerin als echter Superstar, für das Nationalteam hat sie fast 40 Spiele absolviert und in der Vergangenheit spielte sie schon für Weltklasseteams wie Atlético Madrid und Manchester City. Für zahlreiche Mädchen und Jungen in Venezuela ist sie längst zu einem wichtigen Vorbild geworden, in den sozialen Medien folgen ihr über 1,7 Millionen Menschen.
Doch bei den Länderspielen in diesem Monat musste das Team auf sie verzichten; ob sie künftig noch im roten Trikot auflaufen kann, ist ungewiss. Denn Castellanos lebt in den USA, wo sie bei Portland Thorns in der National Women’s Soccer League unter Vertrag steht, und hat Angst, nicht wieder einreisen zu dürfen, sollte sie mit dem Nationalteam Länderspiele bestreiten.
„Die Trump-Regierung will zentrale Schutzmaßnahmen für Venezolaner:innen abschaffen“, erklärt der Journalist Ernesto Andrés Fuenmayor, der seit vielen Jahren über die Region berichtet. „Sollte sie Erfolg haben, könnten Hunderttausende ihre Arbeitserlaubnis und ihren Aufenthaltsstatus verlieren.“
Mehrere Abschiebungen angeblicher venezolanischer Bandenmitglieder wurden zwar bereits gerichtlich untersagt oder ausgesetzt. „Doch das Gefühl der Bedrohung und die Angst bleiben bestehen.“
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© IMAGO/Troy Wayrynen
Mehr als 200 mutmaßlich kriminelle Venezolaner wurden im vergangenen Monat ungeachtet einer richterlichen Anordnung nach El Salvador abgeschoben. Bei den meisten berief Trump sich auf den „Alien Enemies Act“, ein Gesetz aus dem Jahr 1798.
„Die US-Regierung und die Regierung von El Salvador behaupten, es handle sich um Mitglieder krimineller Gruppen“, erklärt Fuenmayor. „Aber konkrete Beweise wurden nicht vorgelegt. Teilweise berief man sich auf Tattoos, die in Verbindung mit dem Drogenkartell Tren de Aragua gebracht wurden, wie Kronen oder Sterne. Diese sind aber oft harmlos. In bestimmten Milieus sind Sterne auf der Schulter einfach populär.“
Nach El Salvador deportiert wegen eines Tattoos?
Wie willkürlich das Vorgehen ist, zeigt der Fall Jerce Reyes. Mehreren US-Medienberichten zufolge gehörte der ehemalige venezolanische Fußballer zu jenen Menschen, die ins Massengefängnis in El Salvador deportiert wurden. Der Sender „CNN“ berichtet, dass der Grund dafür ein Tattoo auf seinem Unterarm gewesen sei, das von den Behörden als Beweis für seine Mitgliedschaft einer terroristischen Gruppierung gedeutet wurde. Tatsächlich soll es sich aber um das Wappen seines Lieblingsklubs Real Madrid gehandelt haben, auf dem ebenfalls eine Krone abgebildet ist.
„Die Ungewissheit löst bei den Menschen Panik aus“, sagt Fuenmayor. „Rechtsstaatliche Institutionen sollen in den USA vor willkürlichen Abschiebungen schützen. Doch unter der Trump-Regierung geraten viele dieser Schutzmechanismen unter Druck, wie man am Beispiel der Abschiebungen nach El Salvador sieht.“
Internationale Profisportlerinnen sind nicht vor politischen Maßnahmen wie einem Einreiseverbot geschützt.
Ernesto Andrés Fuenmayor, Journalist
Im März wurde nun außerdem eine „rote Liste“ mit elf Ländern bekannt, deren Staatsbürger:innen die Einreise in die Vereinigten Staaten grundsätzlich untersagt werden soll. Darunter befindet sich auch Venezuela – und so sah Deyna Castellanos sich gezwungen, die anstehenden Länderspiele im April abzusagen.
„Internationale Profisportlerinnen wie sie haben oft ein P1-Visum. Das erlaubt es ihnen, für eine gewisse Zeit in den USA zu leben und zu arbeiten. Das schützt sie aber nicht vor politischen Maßnahmen wie einem Einreiseverbot“, so Fuenmayor.

© IMAGO/John Jones
Sollte Trump also tatsächlich ein generelles Einreiseverbot verhängen, dürfte auch Castellanos nicht mehr einreisen. „Die Ungewissheit, ob man zurückkommen kann, macht nicht nur mir, sondern den Spielerinnen der gesamten Liga große Angst“, sagte Castellanos der amerikanischen Nachrichtenagentur AP.
Andere Fußballverbände haben ähnliche Bedenken. Der sambische Fußballverband verzichtete bereits darauf, vier Spielerinnen zu nominieren, die bei US-Klubs unter Vertrag stehen (Racheal Kundananji vom Bay FC und Barbra Banda, Grace Chanda, Prisca Chilufya von Orlando Pride).
Für das venezolanische Nationalteam sei es „ein heftiger Schlag“, dass sie ausgerechnet auf Castellanos verzichten müssen, meint Fuenmayor. Er bezeichnet sie als „die venezolanische Messi“ und „einen der größten Stars des Landes“. „Das ist so, als würde Messi nicht mehr für Argentinien spielen.“