Rechtsaufsicht über den RBB: Der neue Staatsvertrag soll es regeln
Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt das Gebot der Staatsferne. Was nicht heißt, dass die Politik außen vor bleibt. Neben relevanten gesellschaftlichen Gruppen hat sie in den Rundfunkräten einen festen Platz. Die Landesparlamente schaffen zudem den gesetzlichen Rahmen, in dem sich die Sender bewegen. Entsprechend üben die Länder die Rechtsaufsicht auf, um die Einhaltung der Staatsverträge sicherzustellen.
Die tiefe Krise, in die der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) in der Amtszeit von Ex-Intendantin Patricia Schlesinger und Ex-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf geraten ist, hat auch die Politik der beiden Bundesländern nicht verhindert. Doch wie wurde die Rolle der Rechtsaufsicht durch den Berliner Senatskanzlei und die Brandenburger Staatskanzlei seither aufgearbeitet? „Offenbar gar nicht“, sagt der medienpolitische Sprecher der Berliner Linken Alexander King dem Tagesspiegel.
Zusammen mit seiner Parteikollegin Anne Helm, die zugleich vom Abgeordnetenhaus in den RBB-Rundfunkrat entsandt wurde, hat King einen Fragenkatalog mit zwölf Punkten an die Berliner Senatskanzlei geschickt. In den Antworten, die dem Tagesspiegel vorliegen, wird immer wieder auf die jeweils geltende Zuständigkeit verwiesen – die momentan in Brandenburg liegt.
Aus Berliner Sicht kein Problem: „Zwischen der Senatskanzlei und der Staatskanzlei des Landes Brandenburg existiert hierzu eine konstruktive, enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.“ Ein Austausch finde regelmäßig und anlassbezogen bei konkretem Abstimmungsbedarf statt, heißt es auf die Frage, wie der Austausch zwischen der Senatskanzlei und der Staatskanzlei zu den Missständen im Sender sowie zum Compliance-Bericht und zum Zwischenbericht der Rechtsanwaltskanzlei Lutz & Abel konkret aussieht.
Staatsferne darf keine Ausrede für Verantwortungslosigkeit sein.
Alexander King, medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
Daran soll aus Sicht der Politik auch nichts geändert werden. Der jeweils zweijährige Wechsel der Rechtsaufsicht über den RBB zwischen den Landesregierungen von Berlin und Brandenburg sei „Ausdruck des arbeitsteiligen und ressourcenschonenden Zusammenwirkens beider Staatsvertragsländer“. Andernfalls würden Doppelstrukturen drohen, die die Effektivität der Rechtsaufsicht beeinträchtigen könnten.
„Auch wenn die Untersuchungen noch laufen, muss man doch feststellen: Die Rechtsaufsicht hat nicht wirklich gut funktioniert“, hält Alexander King entgegen. Er fordert: Man müsste zumindest darüber diskutieren, „ob eine gemeinsame Rechtsaufsicht, ausgeübt durch eine gemeinsame Geschäftsstelle, nicht effektiver wäre und ob wir nicht auch institutionalisierte Berichtspflichten bräuchten, also mehr Transparenz nicht nur bei der Arbeit der Gremien, sondern auch bei der Rechtsaufsicht“.
Der RBB-Staatsvertrag als Hebel
Sicher ist: Die RBB-Krise wird auch politisch nicht ohne Folgen für den Sender bleiben. Der Hebel heißt RBB-Staatsvertrag. Die Novellierung des bisherigen Vertragswerkes steht seit längerem aus. Das könnte sich nun als Vorteil erweisen. In der Antwort auf die Anfrage von King und Helm heißt es, dass die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg bei der Erarbeitung der Novelle die Empfehlungen der Landesrechnungshöfe von Berlin und Brandenburg sowie die Ergebnisse der Untersuchung durch die Rechtsanwaltskanzlei „im Lichte der von beiden Landesregierungen getragenen Ziele zur Neugestaltung des RBB-Staatsvertrages“ berücksichtigen werden.
Compliance, Transparenz und Kontrolle durch den Rundfunk- und Verwaltungsrat des RBB sind die konkreten Stichworte. Sie müssen nun mit Leben gefüllt werden. Schließlich gelte es, „das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erneuern und die Leistungsfähigkeit des RBB für eine qualitativ hochwertige Berichterstattung aus beiden Ländern zu verbessern“, so die Berliner Senatskanzlei.
Staatsferne dürfe keine Ausrede für Verantwortungslosigkeit sein, postuliert Alexander King. „Zumal das Problem wohl eher darin bestand, dass wir zu viel Staatsnähe beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben: zu viel Tête-à-Tête im politisch-privaten Grenzbereich, der in der Medienpolitik besonders ausfranst.“
Alexander King setzt vor allem auf „die Stärkung der Kontrollinstanzen und -mechanismen im Sender selbst“. Ein entscheidender Hebel dafür sei aus Sicht der Linken mehr Mitbestimmung für die Beschäftigten, insbesondere für die sogenannten festen Freien.