„Poppi“ und der Glamourfaktor

Neulich, nachdem Alexandra Popp im Halbfinale gegen die Französinnen ihre zwei Tore geschossen hatte, habe ich mich dabei erwischt, dass ich darüber nachdachte, was sie wohl für ein Auto fährt. Erinnert habe ich mich nur an einen kurzen Filmschnipsel, in dem sie mit einer Schubkarre unterwegs war – sie ist ja gelernte Tierpflegerin. Hmm, dachte ich – und sonst? Mit wem ist sie liiert, hat sie Kinder? Welche stattliche Villa nennt sie ihr Eigen?

Die Interviews mit ihr gaben mir auch keinen näheren Aufschluss – immer stark fußballbezogen, freundlich und höflich, auch direkt nach dem Spiel, fröhlich, humorvoll. Dann überlegte ich, in welchem Werbespot ich sie oder eine ihrer Kolleginnen aus der deutschen Frauen-Nationalmannschaft zuletzt gesehen hatte. Konnte mich nicht erinnern. Eines aber ist vollkommen klar: Für sie und ihre Mitspielerinnen ist Fußball ihre Leidenschaft von klein auf und sie sind auch stolz darauf, die Nation zu vertreten. Was sich nicht zuletzt darin manifestiert, dass sie die Nationalhymne erfreulich melodisch mitsingen.

Ansonsten kommen sie höchst unprätentiös daher. Ein schöner Gegenpart zu den anderorts zuschauenden sogenannten Spielerfrauen, die nicht selten wie eine Trophäe des jeweiligen Gatten oder Freundes wirken, Hauptsache Model. Man kann natürlich im Internet über die Spielerinnen recherchieren oder schaut sich zum Beispiel die Doku „Born for this“ an, um etwas über ihre Biografie und ihre Gedanken zu erfahren.

Und auf einmal kommt mir einiges bekannt vor, weil mich das eine oder andere, so wie fast jede Frau in einer gewissen Lebensphase, auch beschäftigt hat: Wie komme ich beruflich voran und will ich Mutter werden und wenn ja, wann? Beides miteinander zu verbinden, ist eine Herausforderung, im Sport umso mehr, denn hier ist die körperliche Leistungsfähigkeit zeitlich begrenzt. So wie die Fähigkeit, schwanger zu werden. Also irgendwie alles stinknormal. Und doch entscheidend.

Mit Em- und Sympathie

Viel wurde schon zum Thema Frauenfußball und Frauen im Sport gerade in der letzten Zeit geschrieben und gesagt, all das ist wichtig und nötig, ich werde es hier nicht aufgreifen. Was mir von diesem Sommer in Erinnerung bleiben wird, wenn es um herausragenden Sport geht, ist erstens eine begüterte deutsche Tennisspielerin aus Florida („Tennis-Mama“), die immer wieder, ob gefragt oder ungefragt, betonte, dass das Muttersein für sie über allem steht. Sie hätte ja auch betonen können, wie wichtig es ihr war und welchen Willen es erfordert hat, sich nach der Schwangerschaft wieder in Topform zu bringen. Was hiermit bewiesen ist.

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Und dann die „Fußballmädels“, die selbstbewusst, em- und sympathisch ihre nationalen und auch privaten Herausforderungen erledigen – ohne divenhaftes Gezicke, auch wenn sie eine Niederlage einstecken mussten. Sie nehmen offensichtlich weniger sich als eben ihre Aufgaben ernst. Da kann ich nur hoffen, dass das so bleibt, auch wenn es mal dazu kommen sollte, dass das Salär der Frauen dem der Männer angeglichen werden wird. Aber bis dahin ist es noch ein sehr langer Weg.

Bis dahin freue ich mich darauf, noch weitere Auftritte von „Poppi“ zu erleben, die wenig glamourös, dafür aber humoristisch sind. Und plötzlich stelle ich mir – warum auch immer – Toni Kroos mit Ohrringen oder Make-up vor.