Der DFB ist von Gleichberechtigung noch weit entfernt
Viele können die Diskussion schon nicht mehr hören, dass der Fußball der Frauen nicht genügend honoriert werde, medial gesehen und insbesondere finanziell. Trotzdem ist die Auseinandersetzung mit diesem Thema vor allem in den folgenden Wochen nach der EM zwingend notwendig. Denn es muss sich nachhaltig etwas ändern, damit man im Nationenvergleich nicht völlig den Anschluss verliert.
Die Europameisterschaft war aus sportlicher Sicht mit dem Vizetitel ein voller Erfolg für Deutschland und diese Leistung soll keinesfalls geschmälert werden. Bei der WM nächstes Jahr in Australien und Neuseeland kommen allerdings nochmal ganz andere Herausforderungen auf das deutsche Team zu mit Topnationen wie Kanada oder den USA.
Ein Blick in die USA reicht, um zu sehen, was eine hohe Professionalisierung bewegen kann. Spielerinnen wie Dzsenifer Marozsán sind in die National Women’s Soccer League gewechselt, um mal eine richtige „Challenge“ zu haben. „Die Liga ist anders als in Europa. Du bist in Amerika auf dem gleichen Level, weil jedes Spiel superschwierig ist. Die Liga ist so ausgeglichen und man weiß nie, wer gegen wen gewinnt“, sagte die deutsche Nationalspielerin in der Doku „Born for this“.
Das schlägt sich auch in den Besucher:innenzahlen nieder, die beispielsweise bei Marozsáns Klub OL Reign zwischen 5.000 und 10.000 liegen. In der Bundesliga kommen im Schnitt 900 Zuschauende in die Stadien. In den USA genießt der Fußball der Frauen einen enormen Stellenwert und ist was des Level an Professionalität betrifft, ebenbürtig mit den Männern.
Strukturell ist die Sportart viel weiter als in Europa. So werden Mädchen früh gefördert in Form von Sportstipendien, professionellem Training und starker finanzielle Unterstützung. Davon kann beim DFB keine Rede sein, auch wenn es vor der EM eine offene Diskussion zwischen Funktionären wie Oliver Bierhoff und Spielerinnen wie Sara Däbritz oder Almuth Schult gab. Die Prämie für die EM wurde etwas angepasst, trotzdem war das Ergebnis wieder einmal nur ein weiterer Kompromiss.
Noch immer werde die Gleichberechtigung im Fußball an Bedingungen geknüpft, dabei müsse Gleichberechtigung die Bedingung sein, sagte kürzlich die ehemalige Nationalspielerin Tabea Kemme und brachte es damit auf den Punkt.
Eine regelmäßige Berichterstattung wäre der Anfang
Dass es Deutschland in Sachen „equal pay“ anderen Nationen gleichtut auf Verbandsebene, ist schon längst überfällig, denn im Grunde interessieren hier nicht die kommerziellen Dinge. Der DFB ist ein eingetragener Verein und somit gemeinnützig, also nicht von Profit abhängig.
Bricht man den Sport mal herunter, spielen die Frauen den gleichen Fußball wie die Männer. Da hilft es auch nichts, nun fleißig die Hoffnung zu äußern, dass die Begeisterung für Frauenfußball nachhaltig sein wird, wenn man es eigentlich selbst in der Hand hat.
Das fängt bei einer regelmäßigen Berichterstattung an. Aktuell wird die Dritte Liga noch immer der Bundesliga vorgezogen. Über Magenta wurden in der letzten Saison erstmals alle Bundesligaspiele übertragen, aber eben auf einer Pay-TV-Plattform, die nur wenige Menschen nutzen.
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Auch innerhalb der Liga muss etwas passieren. Die Forderung nach Mindestgehältern wie etwa von Nationalspielerin Lina Magull ist der richtige Ansatz, um die Liga spannender zu machen. Aktuell können eigentlich nur Spielerinnen von Wolfsburg und Bayern von ihren Gehältern leben.
Zumindest Lizenzvereine wie Frankfurt oder Hoffenheim müssen nachziehen. Kleinere Vereine wie der SC Sand oder die SGS Essen können das finanziell natürlich nicht stemmen und sind auf Unterstützung vom DFB angewiesen.
Insgesamt würde das Niveau innerhalb der Liga steigen und im Vergleich zur englischen oder spanischen Liga aufholen. Das würde sich wiederum auf das DFB-Team auswirken und langfristig bei der WM in einem Jahr helfen, damit man erneut um den Titel mitspielt.