Christian Seifert verlässt die DFL mit gutem Gefühl

Nur einmal im Jahr stand Christian Seifert als Chef der Deutschen Fußball Liga so richtig im Fokus aller Kameras. Aber selbst da war ihm das schnell unangenehm. Kaum hatte er die Meisterschale, meistens an den FC Bayern München, übergeben, da sprang er – zack! – schon wieder vom Podium und aus dem Bild. Funktionärsgebaren war dem 52-Jährigen in seiner prägenden Ära als Topmanager der Dachorganisation der 1. und 2. Bundesliga immer zuwider.

Da passt es, dass er sich auch keinen roten Teppich ausrollen lässt, wenn er an diesem Mittwoch endgültig seinen Schreibtisch in der DFL-Zentrale im Frankfurter Westend räumt. „Selbstverständlich geht man nach so langer Zeit mit einiger Wehmut. Aber es fällt mir nicht schwer loszulassen“, sagte er zu seinem längst angekündigten Abschied nach mehr als 16 Jahren an der Spitze. Seifert geht „mit einem sehr guten Gefühl“.

Man darf davon ausgehen, dass der Geschäftsführer hausintern verfügt hat, dass seine Personalie nicht die Titelstory des neuesten DFL-Magazins ist. Darin findet sich immerhin eine Würdigung mit einem schicken Schwarz-Weiß-Foto: Seifert auf einem Tisch sitzend, die Füße auf einem Stuhl, die Lachfältchen am Auge nicht retuschiert, der Blick in die Ferne gerichtet.

Corona-Krise war die größte Herausforderung

Wie sein berufliche Zukunft aussieht, das wollte Seifert bisher nicht verraten. Fest steht längst: Seine Nachfolgerin ist vom 1. Januar an Donata Hopfen. Die bisherige Managing Director und Partnerin bei BCG Digital Ventures wird als erste Frau Vorsitzende der DFL-Geschäftsführung. An sie gibt Seifert auch das Amt eines Krisenmanagers in der Corona-Pandemie weiter. „Selbstverständlich wünsche ich ihr in dem Job nur das Allerbeste“, sagte er.

Die Meisterschale hatte Seifert oft in der Hand. Sein Meisterwerk war wohl, wie er den deutschen Profifußball durch die Corona-Pandemie brachte. Das kostete Kraft und Nerven. „Die Corona-Krise war die größte physische und psychische Herausforderung meines Lebens“, sagte Seifert. Diese habe er „mit der Unterstützung von extrem vielen Menschen gemeistert“. Und natürlich mit dem Selbstverständnis einer überaus selbstbewussten Branche, die so manche Kritik für ihre Sonderrolle einstecken musste. Das detaillierte Hygienekonzept der DFL, mit dem die 1. und 2. Liga früh nach Pandemiebeginn wieder spielen durfte, übernahmen andere Ligen im Ausland. Wie so viele Protagonisten im Fußball scheute sich auch Seifert nicht davor, die Politik für ihren Umgang mit der Krise harsch zu kritisieren.

Den Vereinen zu viel Geld verholfen

In seinen 17 Jahren an der Spitze des Profifußballs galt dennoch das, was Bundestrainer Hansi Flick in einer von der DFL veröffentlichten Würdigung sagt: „Er hat nicht nur geredet, er hat gehandelt.“ Und wenn Seifert erzählt hat, dann hingen die Zuhörer meist an seinen Lippen. „Christian ist ein smarter Typ, ein überaus interessanter Gesprächspartner und ein lustiger Kerl“, sagt Startrainer Jürgen Klopp. Er wünsche ihm das Beste und vor allem Gesundheit – „den Rest regelt er schon. Wie immer.“ Vor Corona präsentierte Seifert Jahr für Jahr Rekordzahlen für sein Unternehmen, aus dem er einen Global Player gemacht hat. Mit sieben Tochtergesellschaften und einer eigenen Stiftung, mit Standorten unter anderem in Singapur und New York. Vor allem hat er den Vereinen der 1. und 2. Bundesliga zu jeder Menge Geld verholfen: In seiner Amtszeit stiegen die Erlöse aus Vermarktung und Fernsehen um mehr als 250 Prozent.

Seifert stand einmal im Jahr, bei der Übergabe der Meisterschale, im Fokus der Kameras.Foto: dpa

Für den derzeit laufenden Vertrag der Medienrechte erhält der Dachverband der Proficlubs 1,1, Milliarden Euro pro Saison. „Zu glauben, es geht alles weiter wie bisher, das Geld kommt aus der Steckdose und die Bundesliga braucht nichts zu machen, als einfach weiterzuspielen, dürfte sich als Irrglaube herausstellen“, warnte Seifert jedoch in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“. Ohne Seifert, lobte Bayern-Präsident Herbert Hainer, „wäre die Bundesliga niemals so professionell und erfolgreich, wie sie heute ist“. Natürlich passt so manche Facette der Kommerzialisierung des Fußballs vielen Fans nicht. Im Vergleich zum Deutschen Fußball-Bund, für die DFL mittlerweile so etwas wie ein nur noch mühsam geduldeter schwieriger Onkel, bot die DFL unter Seiferts Führung jedoch wenige Angriffsflächen.

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Vom krisengebeutelten DFB hat sich der gebürtige Badener Seifert schon länger distanziert, auch wenn er qua Satzung als Vorsitzender der Geschäftsführung der DFL auch Vizepräsident des Verbandes war. Den DFB bezeichnete Seifert kürzlich als „dysfunktionales System“ und erklärte auch seinen Rückzug aus dem Präsidium: „Ich war zum Beispiel nicht erpicht darauf, ebenfalls eine Hausdurchsuchung zu kriegen, bloß weil ich in einem bestimmten Gremium sitze.“ Zum Bild des smarten, scharfsinnigen und sprachgewandten Erfolgsmanagers gehört aber auch, dass Seifert klare Worte nicht scheute. Bei den Neujahrsempfängen der DFL zuckten geladene Gäste mit DFB-Funktion schon mal zusammen, wenn Seifert Richtung Frankfurter Stadtwald eine Spitze anbrachte. Dem Größenwahn manch eines europäischen Großclubs mit Plänen für eine Super League erteilte Seifert von Anfang an eine klare Absage.

Was bleibt persönlich aus fast 17 Jahren bei der DFL? „Diese Zeit war extrem aufregend in alle Gefühlsrichtungen. Es war sehr inspirierend, sehr kreativ, tatsächlich erfüllend und manchmal auch ernüchternd“, bilanzierte der Familienvater. Sein Fazit: „Es hat mir deutlich mehr gegeben als es mir abverlangt hat.“ (dpa)