Polen zittert sich ins WM-Achtelfinale: Männer, die auf Handys starren
Das Schauspiel war bizarr. Polen war im Spiel gegen Argentinien am Mittwochabend hoffnungslos unterlegen und in der letzten Viertelstunde nur noch bedingt abwehrbereit. 0:2 lagen die Mannen um Robert Lewandowski zurück, ein Tor hätten ihre Ausgangssituation im Fernduell mit Mexiko deutlich verbessert. Doch die Polen entschieden sich lieber nichts zu tun und darauf zu hoffen, dass Saudi-Arabien den Job schon irgendwie erledigen wird.
Also rückten die polnischen Fußballer erst auf der Bank und nach Abpfiff auf dem Feld ganz eng zusammen – und starrten auf ein eilig herbeigeholtes Handy. Zumal das Parallelspiel auch deutlich unterhaltsamer war als das eigene. Irgendwann, nachdem Lewandowski noch ein paar freundliche Worte mit Lionel Messi gewechselt hatte, brach schließlich Jubel aus. Die Saudis hatten gegen Mexiko in der Nachspielzeit verkürzt. Die Gesichter im Team der Polen entspannten sich, die Spieler herzten sich und strahlten.
Dass sie immer noch am Fußball-Abgrund standen, schien ihnen nicht vollends bewusst zu sein, ein 3:1 hätte Mexiko noch das Ticket für das Achtelfinale beschert. Aber das sollte nicht mehr fallen.
Nun ist beinahe schon paradox, dass hier eine Mannschaft jubelt, die ein Spiel verloren hat und da eine in Trauer versinkt, die gerade gewonnen hat. Aber so sind nun einmal die Regeln: Mexiko hatte in den drei Spielen einfach zu viele Gelbe Karten kassiert und wäre bei Punkt- und Torgleichheit aufgrund der Fairplay-Wertung ausgeschieden und musste deswegen stürmen, während die Polen verteidigen durften – wohlgemerkt in unterschiedlichen Spielen und nicht gegeneinander.
0:0 hatten Mexiko und Polen gegeneinander gespielt – oder anders: Mexiko kassierte in diesem Spiel drei Gelbe Karten, die Polen nur eine. Und diesen kleinen Vorteil transportierten die Osteuropäer danach durch das gesamte Turnier. Natürlich, wenn Lewandowski seinen Elfmeter gegen Guillermo Ochoa verwandelt hätte, wären die folgenden Rechenspiele gar nicht mehr nötig gewesen. Andererseits bekam der letzte Gruppenspieltag dadurch seinen besonderen Reiz.
Der ultimative Showdown blieb allen beteiligten letzten Endes erspart, auch wenn man schon gespannt darauf gewesen wäre, wie so ein Losentscheid vonstattengegangen wäre und ob ihn die Fifa optimal vermarktet. Fair wäre das auf keinen Fall gewesen und so war es gut, dass am Ende die Saudis jegliche mexikanischen Protestgelüste mit ihrem Tor erstickten. Und man stelle sich nur vor: Mexikaner und Polen hätten in zwei verschiedenen Stadien auf ihre Handys gestarrt und einem Münzwurf zugeschaut. So bizarr wurde es zum Glück nicht.
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