Nicht schön, aber erfolgreich: 1. FC Union gewinnt in Stuttgart und baut Tabellenführung aus

Niko Gießelmann machte eigentlich alles richtig. Nach einer kurz ausgeführten Ecke flankte Sheraldo Becker den Ball in hohem Bogen in den Strafraum und Unions linker Schienenspieler hob ab. Gießelmann zauberte einen formvollendeten Fallrückzieher in den Stuttgarter Strafraum, den man einem Defensivspieler wie ihm kaum zugetraut hätte. Die Haltungsnote war exzellent, nur der Ertrag fehlte. Der Ball flog einen halben Meter am Pfosten vorbei.

Bei der Betrachtung der gesamten 90 Minuten verhielt es sich genau entgegengesetzt. Schön war es nicht, was der 1. FC Union zeigte, dafür sehr erfolgreich. Beim VfB Stuttgart gewannen die Berliner am Sonntagabend vor 45.000 Zuschauern, darunter rund 1000 mitgereiste Gästefans, durch ein Tor von Paul Jaeckel mit 1:0 (0:0). Damit bauen sie ihre Tabellenführung sogar leicht aus und liegen nun zwei Punkte vor dem SC Freiburg und bereits vier vor Bayern München sowie dem BVB.

„Das fühlt sich überragend an“, sagte Paul Jaeckel nach seinem ersten Bundesligator. „Wir hätten uns auch über ein Unentschieden nicht beschwert, aber wenn es mal ein dreckiger Sieg ist wie heute, freust du dich umso mehr.“ 

Drei Tage nach dem 1:0-Sieg in der Europa League bei Malmö FF rotierte Urs Fischer maßvoll. Paul Jaeckel, Gießelmann und Genki Haraguchi standen anstelle von Diogo Leite, Christopher Trimmel und Janik Haberer in der Startformation. Bei den noch sieglosen Stuttgartern setzte der mittlerweile stark unter Druck stehende Trainer Pellegrino Matarazzo auf Tiago Tomas und Dan-Axel Zagadou.

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Seit vier Wochen ist Union mittlerweile ununterbrochen Tabellenführer

Diese Veränderungen taten dem VfB gut – und hätten sich beinahe auch ergebnistechnisch ausgezahlt. Nach einer Viertelstunde holte der Portugiese Tomas einen Freistoß heraus, Hiroki Ito flankte und Verteidiger Zagadou warf sich in den Ball. Mit dem Rücken bugsierte er diesen aus fünf Metern präzise auf die rechte Ecke, doch Unions Torwart Frederik Rönnow reagierte exzellent und kratzte den Abschluss mit großem Einsatz von der Linie.

Kurz darauf hatten auch die Berliner eine erste Chance, doch nach cleverem Pass von Jordan Siebatcheu Pefok und Flanke von Becker kam Andras Schäfer in der Mitte einen Schritt zu spät. Es sind genau diese schnellen Umschaltaktionen, die Union so gefährlich und erfolgreich machen. Allerdings war von dieser Qualität ansonsten nicht viel zu sehen. Wie schon in Malmö taten sich die Berliner in der ersten Hälfte sehr schwer im Spiel mit dem Ball. Es fehlte die nötige Geschwindigkeit, die Präzision – und vor allem fehlten die so wichtigen Erfolge im Angriffspressing.

Die Stuttgarter hatten ein klares optisches Übergewicht und auch die besseren Chancen. Ein Freistoß aus 30 Metern von Ito tippte kurz vor Rönnow noch tückisch auf, doch der Däne parierte stark. Wenig später war allerdings auch Unions Torwart geschlagen. Eine scharfe Flanke von Tomas landete zwischen Robin Knoche und Jaeckel bei Serhou Guirassy, doch sein Kopfball strich haarscharf am langen Pfosten vorbei. Der VfB brannte keineswegs ein spielerisches Feuerwerk ab, verunsichert wirkte die Mannschaft nach nur fünf Punkten aus acht Spielen aber auch nicht.

Union wurde vorerst nur nach Standards gefährlich. Einen Kopfball von Jaeckel wehrte Stuttgarts Torwart Florian Müller zur Ecke ab. Diese führte dann zu Gießelmanns Fallrückzieher. So ging es torlos in die Pause. Den Schwung dieser zwei Halbchancen nahmen die Berliner mit in die zweite Hälfte. Das resultierte zwar nicht in klaren Abschlüssen, aber Union war in einem mäßigen Spiel nun etwas griffiger und aktiver.

Nach 65 Minuten reagierte Fischer und brachte Morten Thorsby sowie Kevin Behrens ins Spiel. Etwas später durfte dann auch Jamie Leweling auf den Rasen. Union gelang es in dieser Phase zum ersten Mal konstant mehr Druck aufzubauen und mit viel Glück zahlte sich das aus. Einen Eckball, den es aufgrund einer vorherigen Abseitsposition nicht hätte geben dürfen, brachte Gießelmann perfekt herein und Jaeckel traf per Kopf.

Stuttgart wehrte sich und versuchte noch mal alles. Bei einer Dreifachchance landete ein abgefälschter Schuss von Konstantinos Mavropanos am Pfosten, Tomas traf aus spitzem Winkel das Außennetz. Doch es reichte nicht für den VfB, und nachdem Guirassy wegen eines harten Fouls an Thorsby mit Gelb-Rot vom Platz musste, ließ sich Union den Sieg nicht mehr nehmen. (Tsp)

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