Natalie Geisenberger ist die Mutige unter den Athletinnen
Es ist eine Ausnahmesituation für alle Athlet*innen, die gerade in Peking um die Medaillen kämpfen: In der Bubble von Olympia werden sie jeden Tag auf das Coronavirus getestet, haben kaum Kontakt zur Außenwelt und müssen die Wettbewerbe fast gänzlich ohne Anfeuerung von außen bestreiten. Zumindest wenn man von den Menschen absieht, die Peking als Zuschauende eingeladen hat und die auf den Rängen gute Miene zum bösen Spiel machen sollen. Die Angst vor dem positiven Test, der jederzeit jeden erwischen kann, ist bei diesen Spielen allgegenwärtig und läuft, fährt oder springt immer mit.
Rennrodlerin Natalie Geisenberger, die am Dienstag Gold holte, hatte bereits vor Beginn der Spiele die Gegebenheiten vor Ort kritisiert und sogar über einen persönlichen Boykott nachgedacht. „Es wäre ein sehr, sehr harter Schritt, weil die Olympischen Spiele für einen Sportler das Größte sind“, hatte sie gesagt und ergänzt: „Aber einfach wird das nicht.“
Letztlich entschied sich Geisenberger für einen Start in China, was sich als goldrichtig herausstellen sollte – zumindest in sportlicher Hinsicht. Moralisch gesehen ist es ein bisschen anders, das hat sie sogar selbst indirekt zugegeben. „Man muss vorsichtig sein, wann, wo und was man sagt“, erklärte Geisenberger über die Meinungsfreiheit vor Ort. In Peking sei es besser, wenn man nicht zu viel sage. Dabei bezog sie sich mutmaßlich auf Themen wie die Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren.
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Geisenberger hat natürlich recht, wenn sie sagt, dass die Athlet*innen mit der Entscheidung, die Spiele nach China zu vergeben, nichts zu tun hätten. Sie werden vom Internationalen Olympischen Komitee vor vollendete Tatsachen gestellt und stehen höchstens vor der schwierigen Entscheidung, ob sie trotz aller Mängel und Missstände hinfliegen oder auf den Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere freiwillig verzichten.
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Aber sie können ihre Position nutzen und nach den Spielen beispielsweise über die Missstände berichten. Genug Themen gäbe es ja schon jetzt – hier sei an die zynische Entscheidung für eine uigurische Fackelläuferin erinnert und an den chinesischen Sicherheitsmann, der einen niederländischen Journalisten an der Berichterstattung hindern wollte.
Insofern dürfen wir gespannt sein, was Geisenberger noch alles zu erzählen hat, wenn sie zurückkehrt. Nach dem Olympiasieg dürfte ihre Fanbasis ja noch Zuwachs bekommen haben.