„Jeder Krieg hat seine Opfer, das gleiche gilt für den guten Witz“
Die Freude der beiden Eintagsfliegen über den frischen Kuhfladen auf der Wiese ist groß: begeistert klatschen sie sich gegenseitig ab. Doch was die Protagonisten auf der Karikatur von Achim Greser und Heribert Lenz nicht wissen, das erfährt der Betrachter durch den Untertitel, mit dem es als gute Nachricht für die Eintagsfliegen verkauft wird: dass die Inkubationszeit für BSE, umgangssprachlich Rinderwahnsinn, bei zehn Jahren liegt.
Was diese Karikatur des Duos neben dem Schmunzeln des Betrachters besonders macht, ist ab diesen Donnerstag in der Ausstellung „Greser & Lenz – Schlimm. Ein Vierteljahrhundert Witze für Deutschland“ in der Caricatura zu sehen. Es handelt sich nämlich um die Karikatur, die das Duo als erste im April 1996 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) veröffentlichte.
Genau 25 Jahre liegt das zurück, ein Vierteljahrhundert, in dem die zwei Karikaturisten, die ihre Werke mit Greser & Lenz signieren, die Leserinnen und Leser der FAZ sowohl zum Lachen als auch zu kontroversen Reaktionen und Diskussionen gebracht haben. Ein Arbeitsjubiläum, das nun mit rund 380 ihrer Zeichnungen in der bis zum 21. November laufenden Schau gewürdigt wird – thematisch gehängt, nicht chronologisch.
Die Themen sind so vielfältig wie die Ereignisse der vergangenen 25 Jahre und reichen von weltpolitischem Handeln über die Klimadiskussion, dem Erstarken von Rechtsextremismus in Deutschland und kirchlichen Themen bis zur aktuellen Corona-Pandemie.
Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen daher sowohl politische Akteure als auch der Mensch von nebenan. Und nicht zu vergessen die Tiere wie in ihrer Serie an Karikaturen, die sie seit etwas mehr als zehn Jahren zu juristischen Fragestellungen in der FAZ-Rubrik „Staat und Recht“ veröffentlichen.
Bei der „Titanic“ fing alles an
Greser & Lenz lernten sich während ihres Grafikstudiums in Würzburg kennen und entdeckten dort ihr gemeinsames Interesse an der Karikatur, insbesondere an den Werken von F.K. Waechter, einem der zentralen Vertreter der Neuen Frankfurter Schule (NFS) – „ihren großen Lehrmeister“, wie das Duo ihn selbst bezeichnet. Ihr gemeinsames Motto lautet: „Jeder Krieg hat seine Opfer, das gleiche gilt für den guten Witz.“
„Die beiden haben die Karikatur in Deutschland revolutioniert“, betont Museumsleiter Achim Frenz. Dass sie nun die Hauskarikaturisten der FAZ sind, mit dieser Entwicklung habe zu Beginn der Zusammenarbeit nicht jeder gerechnet.
Das Duo war seit den 1980er Jahren für die Satirezeitschrift „Titanic“ tätig und erlangte bundesweit große Bekanntheit durch die politischen Comicserien „Genschman“ und „Die roten Strolche“. Die Herausforderung, aus diesem Kontext heraus für eine traditionelle konservative Tageszeitung zu arbeiten, hätten Greser & Lenz angenommen, lobt Frenz. Aus anfänglicher Kritik aus den Reihen der FAZ-Leserschaft sei schnell Bewunderung entstanden.
Wer eintaucht in die Welt von Greser & Lenz erkennt das pointierte Zusammenspiel zwischen bildlicher Darstellung und Text, für deren Umsetzung die beiden stets gemeinsam ein Konzept erarbeiten, das komplexe tagesaktuelle Themen komprimiert einfängt. „Jeweils einer von uns zeichnet die Karikatur dann komplett durch“, erklärt es Heribert Lenz. Nur in ihren Anfängen hätten sie eine Zeitlang zusammen gezeichnet, um einen gemeinsamen Stil zu entwickeln.
Die Mittel, die sie zur Realisierung ihrer Ideen meisterhaft einsetzen, gleichen denen Bildender Künstler: Ihre Werke sind ausschließlich mit Tusche und Feder auf Büttenpapier gezeichnet und per Hand mit Aquarellfarben koloriert. Auf die Möglichkeiten, die ihnen die moderne Technik bietet, wie die Kolorierung am PC, verzichten sie, wie sie bei der Vorbesichtigung der Jubiläumsschau hervorheben.
Die aktuelle Ausstellung ist die zweite für Greser & Lenz in der Caricatura Frankfurt. Die Stadt hat für das Duo, das aus Unterfranken stammt und in Aschaffenburg lebt, stets eine besondere Rolle eingenommen. „Frankfurt ist die Stadt der Sensationen“, formuliert es Achim Greser. So habe er dies schon bei seinem ersten Besuch als Zehnjähriger empfunden.
„Dass wir unsere Zeichnungen an dem Ort zeigen dürfen, der unsere Vorbilder beherbergt, und dass das Museum jüngst 400 Arbeiten von uns angekauft hat, dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Heribert Lenz. (epd)