Nachruf auf Maggie Smith: Geliebte ungnädige Gräfin
In Großbritannien war Maggie Smith längst ein Star, als sie sich auch in der globalen Popkultur verewigte. 2001 übernahm die zweifache Oscar-Preisträgerin die Rolle der Lehrerin Minerva McGonagall in den Verfilmungen der Kinderbuchreihe „Harry Potter“ – was schon verrät, dass sie ihre schauspielerische Berufung stets mit Humor genommen hat. Später erzählte sie, dass sie anfangs bei Regie-Anweisungen mit Drachen innerlich noch zusammengezuckt war.
Smith erwies sich in der schillernden Besetzung zwischen anderen Bühnenrecken wie Alan Rickman, Richard Harris und John Hurt dann aber als ebenbürtig exzentrische Gestalt mit ihrem gouvernantenhaften Auftritten im schwarzen Oberhexen-Outfit. Die strenge, aber mütterliche Professor McGonagall wurde über die Jahre eine der beliebtesten Figuren im Hogwarts-Universum. Es sei das erste Mal gewesen, erinnerte sie sich einmal, dass Kinder sie auf der Straße erkannten.
„Ich wollte eine ernsthafte Schauspielerin sein, aber das hat sich natürlich nicht ergeben.“
Maggie Smith, bekannt für ihren schlagfertigen Humor
Maggie Smith, geboren am 28. Dezember 1934 in Ilford bei London, blickt auf sieben Jahrzehnte Bühnenerfahrung zurück. 1956 debütierte sie bereits am New Yorker Broadway, auf den britischen Bühnen gehörte sie neben Judi Dench zu den herausragenden Darstellerinnen ihrer Generation. Sie spielte am Royal National Theatre und in der Royal Shakespeare Company, obwohl sie zugab, dass der Nationaldichter nie ihr Ding war.
Gewitzt und schlagfertig
Mit Laurence Olivier, der sie im Westend-Theater The Old Vic entdeckt hatte, entwickelte sich eine produktive Rivalität. Er hatte früh erkannt, dass sich hinter ihrer komödiantischen Schlagfertigkeit auch ein dramatisches Talent verbarg und gab ihr die Rolle von Desdemona in „Othello“ – die ihr 1965, ebenfalls an der Seite von Olivier, auch ihre erste Oscar-Nominierung einbrachte. In einem Interview erinnerte sie sich an diese Zeit: „Ich wollte eine ernsthafte Schauspielerin sein, aber das hat sich natürlich nicht ergeben. Ich spielte Desdemona mit großem Unbehagen und hatte die ganze Zeit über Angst.“
Smiths Broadway-Auftritte öffneten ihr schließlich auch die Türen nach Hollywood, wo sie ab den frühen 1960er Jahren an der Seite von Richard Burton, Elizabeth Taylor und Orson Welles spielte. Ihren ersten Oscar gewann sie, natürlich, für die Rolle einer Lehrerin an einem schottischen Internat, die mit ihren unorthodoxen Methoden aneckt („Die besten Jahre der Miss Jean Brodie“, 1969). Ihren zweiten Oscar erhielt sie 1979 für die Komödie „Das verrückte California-Hotel“ – als snobistische Shakespeare-Darstellerin, die für einen Oscar nominiert ist.
Ihre exaltierte britishness prädestinierte sie geradezu für Auftritte in den Agatha-Christie-Verfilmungen „Tod auf dem Nil“ und „Das Böse unter der Sonne“ (sowie in der Parodie „Eine Leiche zum Dessert“). Sie spielte die göttliche Meerestochter Thetis im Sandalenfilm „Kampf der Titanen“ (1981) und Mitte der 1980er, typisch britisch, in der Merchant-Ivory-Ausstattungsorgie „Zimmer mit Aussicht“ die Anstandsdame Charlotte Bartlett. Es war eine Rolle, die Smith mit ihrem hochgeschlossenen Spott glänzend verkörperte.
Doch all der Kinoruhm konnte sie nicht auf die Verehrung vorbereiten, die sie ab 2010 für ihre eigenwillige Countess of Grantham in der aristokratischen Seifenoper „Downton Abbey“ erfuhr. Mit der Witwe Violet Crawley, die ihre Umwelt mit spitzen Beobachtungen traktiert (eine Reprise auf ihre Rolle in Robert Altmans Murder-Mystery „Gosford Park” aus 2001), wurde Maggie Smith quasi über Nacht das Gesicht – und die Stimme – eines neuen britischen Pop-Phänomens.
Im Alter von 75 Jahren wurde Smith dann von wirklich allen Menschen auf der Straße erkannt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich bereits damit abgefunden, vor allem in Korsagen und Perücken zu spielen, wie sie einmal erzählte. Und mit dieser nobilitierten, nicht immer ganz ernsten Aura wird sie in Erinnerung bleiben. Am Freitag ist Maggie Smith im Alter von 89 Jahren gestorben.