Reformvorschläge für ARD und ZDF : Mehr Qualität mit weniger Programmen wagen!
Man muss sich schon die Augen reiben. Nach Jahren kleinteiliger, ja kleinmütiger Überlegungen zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat die Rundfunkkommission der Länder ein Entwurfspapier vorgelegt, das Struktur und Auftrag der Sender tatsächlich nachhaltig verändern will. Der wesentliche Teil der Vorstellungen betrifft das teuerste Medium – das Fernsehen.
Ziel muss ein Nachrichtenkanal sein
Im Kern soll die Zahl der aktuell zehn Spartenprogramme massiv reduziert werden. Das ist richtig so. Wenn Phoenix, ZDF info, Tagesschau und ARD alpha zielgerichtet eins werden, dann kann entstehen, was im vorhandenen Programmkatalog fehlt: ein Nachrichtenkanal, der seinen Namen verdient, der ein deutsches CNN werden kann.
Wann immer auf dieser Welt etwas Weltbewegendes passiert, muss der Zuschauer aktuell warten, wo und wann das Geschehen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wahrgenommen wird. Mit einem Nachrichtenkanal hätte das Publikum eine klare Adresse, hätten ARD und ZDF Orientierung gewonnen, gäbe es keine Ausrede mehr für langsame bis ausbleibende Reaktion.
Ein weiterer Vorschlag betrifft die Zusammenlegung von ZDF neo und One. One? Kennt jemand diesen ARD-Kanal, nutzt ihn eine erkleckliche Anzahl von Zuschauern? Wenn One verschwindet, geht nichts verloren, was ZDF neo an dessen spärlicher Substanz nicht aufnehmen könnte.
Schwieriger die Fusion von 3sat und Arte. Wie wohl die französische Seite reagiert, wenn das Profil durch neue Partner aus Österreich und der Schweiz mitbestimmt würde? Ein europäischer Kulturkanal, das klingt erst mal toll, aber all die bisherigen Versuche, europäisches Fernsehen zu gestalten und zu veranstalten, endeten im „Europudding“.
Und hat sich nicht speziell Arte über die mehr als 30 Jahre seit dem Sendestart 1990 derart individuell wie originell entwickelt, dass jede grundlegende Veränderung Stil und Prägung wesentlich verschlimmbessern würde?
Alle Verantwortlichen in der Rundfunkpolitik und in den Sendern sollten scharf nachdenken, ob Arte 2.0 das bessere Arte wäre.
Ja, die Rundfunkkommission hat sich was getraut, um den Wildwuchs und die Kosten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu beschneiden. Und ja, die ersten Reaktionen namentlich aus dem ZDF zeigen, dass die Rundfunkpolitik wagt, was die Anstalten selber nicht wagen: Reformen.
Die Senderverantwortlichen verlangen stets Vorgaben für Struktur und Auftrag und wenn diese kommen, wird aufgeschrien und der Status quo beschworen.
Wenn ARD und ZDF nicht aufpassen, respektive sich verweigern, dann werden sie schlicht verhandelt, weil sie selber nicht handeln wollten. Apropos: Warum machen sie keine besseren Vorschläge, wenn ihnen die aktuellen nicht passen?
Natürlich steckt in den Programmen, die per Fusion aufgegeben werden soll, öffentlich-rechtliche Qualität. Die Gründung der Spartenkanäle war ja auch der gelungene Versuch, vor allem as an Bildung und Kultur auszulagern, was die Hauptprogramme als Kampfprogramme gegen die private Konkurrenz nicht länger schultern wollen.
Jeder Rückbau der Spartenprogramme muss mit einer Revitalisierung von Erstem und Zweiten einhergehen. Diese Programme müssen dem Auftrag an Information und Unterhaltung, an Bildung und Kultur gerechter werden.
Nur dann erfüllt sich der Wesenskern der Reform: Ein quantitativ sparsamerer und zugleich qualitativ besserer, sprich öffentlich-rechtlicherer Rundfunk.