Nachruf auf Hans Hammerschmid: Was bleibt, sind seine Melodien
Das Stück ist ein schwelgerischer Walzer, eine Autobiografie in Miniaturform, ein Lied über Ambitionen und darüber, wie man sie verwirklicht. Weich gebettet auf Geigen spricht die Sängerin ihren Text, erst zum Refrain hin beginnt sie zu singen und legt ein kleines Vibrato in ihre Stimme: „Mit sechzehn sagte ich still: Ich will / will groß sein, will siegen / will froh sein, nie lügen / Mit sechzehn sagte ich still: Ich will / will alles – oder nichts // Für mich soll’s rote Rosen regnen / mir sollten sämtliche Wunder begegnen.“
„Für mich soll’s rote Rosen regnen“ wurde Hildegard Knefs größter Hit, ihr musikalisches Markenzeichen. Das Stück, 1968 veröffentlicht, stieg zu einem Kultlied der Schwulenbewegung auf. Auch viele heterosexuelle Paare wünschen es sich für ihre Hochzeitsfeier. Und Angela Merkel ließ es 2021 zum Ende ihrer Amtszeit als Bundeskanzlerin beim ihr zu Ehren veranstalteten Großen Zapfenstreich spielen. Die Knef, eine Pionierin der Popkultur, schrieb als erste deutsche Sängerin ihre Texte selbst. Auch die „Rosen“-Zeilen stammen von ihr. Sie nannte es ein „hoch aggressives Lied“. Auskomponiert klingt es aber strahlend und versöhnlich.
„Sie werden lachen, die ,Rosen‘ waren in zehn Minuten fertig“, so erinnerte sich der Komponist Hans Hammerschmid an die Entstehungsgeschichte. „Eines Tages lag ein kleiner Zettel mit dem Refrain da. Ich habe mich ans Klavier gesetzt und hatte sehr schnell die Melodie fertig. Nachher mussten wir bloß noch ein bisschen mit den Versen herumspielen. Es war ein absoluter Wurf, wie er einem Komponisten ganz selten gelingt. Aber der Text war so definitiv in seiner Aussage, dass man sofort ein Tempo hatte und ein Ambiente fand.“ Vor ihm, das erfuhr Hammerschmid später, hatten sich bereits andere Komponisten vergeblich an den Lyrics versucht.
Es war ein absoluter Wurf, wie er einem Komponisten ganz selten gelingt.“
Hans Hammerschmid über „Für mich soll’s rote Rosen regnen“
Hammerschmid wurde zu Knefs wichtigstem musikalischen Wegbegleiter. Sie arbeiteten von 1967 bis 1975 zusammen, dabei entstanden sieben Alben und Lieder wie das schnodderige „Von nun an ging’s bergab“, ebenfalls eine Kürzest-Autobiografie. Die Langspielplatten „Knef“ (1970) und „Worum geht’s hier eigentlich?“ (1971) floppten bei ihrer Veröffentlichung, werden wegen ihrer avantgardistischen Synthiesounds und der Mischung aus Jazz, Schlager und Soul inzwischen aber sehr geschätzt. „Knef“ schaffte es 2022 bei der Wiederveröffentlichung auf Platz 23 der deutschen Album-Charts.
Avantgardist von der Akademie
Hans Hammerschmid, 1930 in Wien geboren, kam vom Jazz. Als Pianist war er Mitglied im Quintett des Saxofonisten Hans Koller, er arbeitete mit Stan Getz, Joe Zawinul und Attila Zoller, trat mit dem Orchester Eddie Sauter beim Frankfurter Jazzfestival auf. Zuvor hatte er an der Wiener Musikakademie studiert, 1947, mit 17 Jahren, wurde er mit dem Mozart-Preis ausgezeichnet. Das brachte ihn nach Hollywood, wo er Soundtracks für Film und Fernsehen schrieb. 1957 ging er zum Südwestfunk nach Baden-Baden.