Pidcock siegt in Alpe D’Huez – Vingegaard bleibt in Gelb

Chris Froome blieb das Happy End bei seinem famosen Comeback am Mythos Alpe d’Huez verwehrt, das Spektakel der Favoriten um Spitzenreiter Jonas Vingegaard blieb im knallend heißen Radsport-Mekka aus. Auf der Königsetappe der 109. Tour de France verteidigte der junge Däne am Donnerstag sein Gelbes Trikot erfolgreich, parierte alle Angriffe von Titelverteidiger Tadej Pogacar. Am Ende der 21 berühmtesten Serpentinen der Welt triumphierte der Brite Thomas Pidcock vor dem Südafrikaner Louis Meintjes und Froome. Simon Geschke verteidigte sein Bergtrikot einmal mehr erfolgreich.

Am legendären 13,8 Kilometer langen Schlussanstieg trat Pogacar nur zweimal an, Vingegaard folgte jedes Mal nahezu mühelos. Einen Konter sparte sich der 25-Jährige. Temperaturen von bis zu 37 Grad und die 4650 Höhenmeter der Etappe über drei schwere Anstiege der höchsten Kategorie hatten genug Kraft gekostet. In der Gesamtwertung liegt Vingegaard 2:22 vor Pogacar und 2:26 vor dem Waliser Geraint Thomas. Geschke ist überraschend weiterhin Spitzenreiter der Bergwertung.

Vingegaard (r.) ließ sich von Pogacar nicht abhängen.Foto: Reuters/Christian Hartmann

Für Aufsehen sorgte nicht nur Solosieger Pidcock, sondern vor allem Froome. Mehr als drei Jahre nach seinem schweren Sturz bei der Dauphiné-Rundfahrt zeigte der 37-Jährige seine seitdem stärkste Leistung und beeindruckte als Teil einer Ausreißergruppe. „Ich glaube immer noch, dass ich eine große Leistung in mir habe“, hatte Froome vor der Tour betont. Am französischen Nationalfeiertag lieferte der Brite und kam 2:06 Minuten hinter Pidcock ins Ziel.

Pogacar hatte nach der größten Niederlage seiner bisherigen Karriere am Col du Granon am Mittwochabend aufbauenden Besuch bekommen. „Ich habe meine Freundin gesehen, das hat mir Kraft gegeben“, sagte der 23-Jährige vor dem Start in Briancon und strahlte große Zuversicht aus. „Ich bin bereit zu kämpfen. Ich habe gut geschlafen und werde angreifen.“

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Noch am Morgen hatte Pogacar jedoch den nächsten coronabedingten Rückschlag hinnehmen müssen. Matxin Fernandez, Sportchef des Teams UAE, teilte mit, dass er positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. Zuvor hatten bereits die Fahrer George Bennett und Vegard Stake Laengen die Rundfahrt wegen einer Infektion verlassen müssen. Pogacars wichtigster Helfer Rafal Majka durfte dagegen im Rennen bleiben. Der Pole profitiert von einer neuen Regelung, nach der ein asymptomatischer und nicht ansteckender Fahrer trotz eines positiven Tests die Tour fortsetzen kann.

Nach der Spektakel-Etappe zum Col du Granon begann das schwerste Teilstück der Tour verhältnismäßig ruhig. Früh stand eine Gruppe von sechs Fahrern, zu der sich am Col du Galibier weitere wie der viermalige Tour-Sieger Chris Froome gesellten. Trotz des Nationalfeiertages befand sich nur ein Franzose unter den Ausreißern. Simon Geschke versuchte es ebenfalls mit einer Attacke, blieb aber erfolglos. Der Berliner blieb somit am 2642 hohen Pass, dem höchsten Punkt der diesjährigen Tour, ohne Punkte.

Jumbo-Visma kontrollierte das Feld beinahe nach Belieben

Im Feld kontrollierte Vingegaards Team Jumbo-Visma ohne Probleme das Tempo. Wer eine frühe Attacke des entthronten Spitzenreiters Tadej Pogacar erwartet hatte, wurde enttäuscht. Es wäre angesichts der Stärke von Jumbo auch ein recht gewagtes Unterfangen des Slowenen geworden. Stattdessen schonte Pogacar seine Kräfte, hielt sich in seinem weißen Trikot des besten Jungprofis versteckt im Feld auf. Auch am Col de la Croix de Fer, dem zweiten von drei Bergen der höchsten Kategorie, blieb es ruhig bei den Favoriten, so dass die große Show erst auf dem Weg zur Alpe d’Huez begann.

Nach den zwei massiv schweren Hochgebirgsetappen dürfen sich die Fahrer am Freitag ein wenig erholen. Über 192,6 Kilometer von Le Bourg d’Oisans nach Saint-Etienne warten nur zwei Berge der dritten und einer der zweiten Kategorie. Es bietet sich den Sprintern eine der wenigen Chancen auf eine Massenankunft. Dafür müssten die Sprinterteams aber arbeiten, denn Ausreißer dürften auf einen Etappensieg hoffen. So wie 2019, als der Belgier Thomas De Gendt in Saint-Etienne im Alleingang triumphierte. (dpa)