Mit Polizeieskorte zum Rigaischen Meerbusen
Dienstreisen sind ja in diesen Zeiten selten eine Freude, vor allem dann nicht, wenn sich die Reisegruppe am Reiseziel außerhalb von Hotel und Arbeitsplatz kaum bewegen darf. Insofern stand für die Spieler der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft am Donnerstag ein besonderer Programmpunkt an, sie durften einen Ausflug an den Rigaischen Meerbusen machen. Zu einer Sanddüne, rund 35 Busminuten von der lettischen Hauptstadt entfernt.
Dort gab es an freier Luft sogar einen Snack für die von der Polizei eskortierte Mannschaft. Es war aber ein Ausflug, der wichtig gewesen sei für seine Spieler, sagte Christian Künast, Sportdirektor des DEB-Teams. Denn die „lebenseinschränkende Situation“ rund um die Eishockey-Weltmeisterschaft sei schon beklemmend.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräteherunterladen können]
Nun sind die Nationalspieler ja nicht zum Urlauben in Lettland, sondern zum Eishockeyspielen. Und das hat in der Gruppenphase mit zunächst drei Siegen sehr gut und dann mit einer überflüssigen Niederlage gegen Kasachstan weniger gut geklappt bisher. Erst am Sonnabend geht es für die Deutschen mit dem richtungsweisenden Spiel gegen Finnland weiter, so lange werden sie weiter im Hotel eingesperrt sein. „Rausgehen und frische Luft schnappen ist hier nicht möglich“, sagt Künast. „Das belastet jeden.“
Die Mannschaft war nach der Ankunft in der lettischen Hauptstadt zunächst in Einzelquarantäne im Hotel, trainierte dann am Dienstag vergangener Woche erstmals. Seitdem heißt es Hotel oder Halle (zum trainieren oder bei den Spielen). In der Unterkunft gibt es Meetings und gemeinsame Mahlzeiten im Gemeinschaftsraum, alles mit Maskenpflicht, wie Künast erzählt. Außer beim Essen natürlich.
Franz Reindl, Präsident des deutschen Eishockey-Bundes (DEB), sagt: „Es ist die erwartet schwierige Weltmeisterschaft mit den ganzen Einschränkungen, besonders für die Athleten.“ Nun ist die Situation für alle 16 teilnehmenden Mannschaften ähnlich bedrückend, die Frage, warum der Eishockey-Weltverband IIHF dieses Turnier mit aller Macht durchgedrückt hat, drängt sich nicht nur an dieser Stelle auf. Die WM sollte ja ursprünglich zur Hälfte in Weißrussland stattfinden, was dann aber auf Druck der Sponsoren und der lettischen Politik nicht passierte.
Und dann gibt es da noch den Streit um die Fahne von Belarus
Angesichts der aktuellen Entwicklung in Weißrussland ist es kaum denkbar, dass dort jetzt eine Eishockey-WM gespielt würde. Aber das Tean aus Weißrussland spielt mit der bei der WM und daher knirscht es in Riga: Die Staatsflagge von Belarus wurde dort am Montag durch die weiß-rot-weiße Variante der belarussischen Opposition ersetzt. In der lettischen Hauptstadt wehen an mehreren öffentlichen Plätzen derzeit die Flaggen aller WM-Teilnehmer und die Flagge des Weltverbandes, die nun allerdings auf Druck entfernt wurde.
IIHF-Präsident René Fasel, der sich bis zum Geht-nich-mehr an Weißrussland als Veranstalter geklammert hatte, fand die Aktion mit der Belarus-Fahne nämlich weniger gut. Der Weltverband sei eine „apolitische Organisation“, sagte Fasel, der vor ein paar Monaten noch zu Besuch bei Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko war. Lettlands Staatspräsident Egils Levits dagegen verteidigte den Austausch der offiziellen Flagge von Weißrussland, der nun in den Medien des Landes heiß diskutiert wird.
Von all dem bekommen die Spieler natürlich wenig mit, sie dürfen schließlich nicht in die Stadt. Dominik Kahun durfte nicht mal mit zum Ausflug ans Meer am Donnerstag. Der zur WM nachgereiste NHL-Angreifer von den Edmonton Oilers musste nach seiner Anreise aus Kanada erst einmal in eine dreitägige Einzel-Quarantäne ins Hotelzimmer und kann danach nach negativen Corona-Tests zum Team stoßen. Nach drei weiteren Tagen in der Team-Bubble darf er dann mitspielen. Womöglich schon am Montag im vorletzten Gruppenspiel der Deutschen gegen die USA – wenn sein Testergebnis „rechtzeitig vorliegt“, wie Sportdirektor Künast sagt.
Bis dahin muss sich Kahun im Hotel vergnügen, was aber laut seiner Kollegen nicht immer so ganz einfach ist für junge Menschen. Der Berliner Leon Gawanke sagt: „Bei mir auf dem Zimmer ist es etwas unglücklich, da mein Fernseher aus einem anderen Jahrhundert ist und ich meine Playstation nicht anschließen kann.“
Am Donnerstag war ohnehin weniger Zeit für Daddelei, schließlich war ja die Exkursion angesagt und nach der sagte Marcel Noebels von den Eisbären Berlin: „Es tat natürlich sehr gut, mal rauszukommen und frische Luft zu schnappen. Es ist ja jetzt auch die letzte Phase, bevor wir dann eigentlich nur noch spielen werden.“