Ein euphorisierter HSV wartet auf Hertha BSC in der Relegation
Am Ende war es auch eine Frage der Leidenschaft und des Willens. Als der Ball von rechts an den Fünfmeterraum des FC Hansa Rostock heranflog, war es ein ganzes Knäuel an Spielern in Rot, das in die Luft stieg. Drei Hamburger rangen um den Ball, und letztlich war es ihr Kapitän Sebastian Schonlau, der eine Viertelstunde vor Schluss per Kopf zum 2:1 für traf und dem HSV damit den Weg in die Relegation gegen Hertha BSC ebnete.
„Es war symptomatisch für unsere Saison“, sagte Mittelstürmer Robert Glatzel, der mit seinem 22. Saisontor das zwischenzeitliche 1:1 erzielt hatte. „Wir sind immer wieder hingefallen und immer wieder aufgestanden.“ So war es auch im Schlussakt am Sonntag. Um 15.30 Uhr wurde der letzte Spieltag der Zweiten Liga angepfiffen. Um 15.32 Uhr rutschte der Hamburger SV von Platz drei auf Platz vier, weil Darmstadt 98 im Parallelspiel gegen Paderborn in Führung ging – und bis 17.05 Uhr blieb es dabei. Bis Schonlau zum 2:1 traf. Erst danach sangen die rund 3000 HSV-Fans im Ostseestadion: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Drama kann nicht nur Hertha, Drama kann auch der HSV. „Wir machen es natürlich immer ein bisschen spannend“, sagte Kapitän Schonlau bei Sky. Sogar nach dem scheinbar beruhigenden 3:1 durch Mikkel Kaufmann fünf Minuten vor dem Ende wurde es noch brenzlig, weil Hansa in der Nachspielzeit zum 2:3- Endstand verkürzte. Doch das reichte dem HSV, um Platz drei zu behaupten.
Felix Magath hatte eine Vorahnung
Nie zuvor seit dem Abstieg vor vier Jahren ist der einstmals ewige Erstligist der Rückkehr in die Bundesliga so nahegekommen. Der letzte Spieltag aber wirkte wie ein Abziehbild der gesamten Saison. „Wir haben viele Widerstände gemeistert“, sagte Sportchef Jonas Boldt. Vor fünf Wochen, nach der Niederlage gegen Holstein Kiel am 29. Spieltag, schien sich die Sache eigentlich schon erledigt zu haben. Sieben Punkte betrug der Rückstand auf Platz drei. Aber mit fünf Siegen aus den letzten fünf Spielen sicherte sich die Mannschaft von Trainer Tim Walter doch noch den Einzug in die Relegation – und damit ein Duell mit einer HSV-Legende.
Felix Magath, der Trainer von Hertha BSC, war Spieler, Manager und Trainer des Hamburger SV – und er hat natürlich schon bei seinem Amtsantritt in Berlin gewusst, dass es zu genau dieser brisanten Konstellation kommen würde. Noch am Tag zuvor, nach Herthas Niederlage in Dortmund, hatte Magath mit Blick auf die Entscheidung in der Zweiten Liga gesagt: „Ich weiß nicht, was ich hoffen, was ich mir wünschen, was ich denken soll. Wenn’s der HSV wird, dann wird es für mich natürlich ein schwieriges Spiel.“
Umgekehrt gilt das genauso. Auch wenn der HSV durch den erfolgreichen Endspurt mit viel Euphorie in die Auseinandersetzung mit den Berlinern geht: Von der Besetzung des Kaders ist Hertha immer noch der Favorit. Die Jahre in der Zweiten Liga haben auch bei den Hamburgern Spuren hinterlassen, der Personaletat ist deutlich reduziert worden. Aber wenn es zum Äußersten kommt, soll all das keine Rolle spielen. „Keine Ahnung, wie die spielen“, sagte Kapitän Schonlau über Relegationsgegner Hertha. „Ich glaube, da geht was.“