Das Risiko spielt mit – aber wie hoch ist es tatsächlich?
Das Olympische Dorf in Tokio füllt sich – und die Corona-Angst wächst. Geht das Pandemie-Konzept mit strengen Regeln auf oder gehen die XXXII. Sommerspiele als böses „Fest der Virus-Mutanten“ in die Geschichte ein? „Ob es ein sehr erfolgreiches Fest wird, ist eine andere Frage. Aber das es eines wird, davon muss man bei 200 Ländern ausgehen“, prophezeite der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel.
„Meine Hauptsorge sind die Athleten, die aus Ländern kommen, die kein gutes medizinisches System und keine Tests für Mutanten haben“, sagte er. „Man kann sicher von 100 Ländern sprechen.“ Dies wären knapp die Hälfte von denen, die ihre Sportler nach Tokio entsenden. Bis Sonntag sollen rund 2200 Athleten im Olympischen Dorf ihre Zimmer beziehen, mehr als 11 000 sind insgesamt avisiert. Hinzu kommen rund 7000 Trainer, Betreuer und Offizielle, die dort Quartier beziehen.
„Sorge habe ich auch, was Superspreader angeht. Wenn einer dabei ist, genügt das ja. Das gilt auch für das Olympische Dorf“, betonte Sörgel. Mit der Delta-Variante gehe es mit Infektionen rasch: „Man kann ihn relativ schnell aussortieren, aber wenn der Fall eintritt, dann hoffentlich schnell genug.“ Allerdings dürfen die Athleten das Dorf nur mit einem negativen Test betreten, der nur der Anfang eines täglichen Kontroll-Marathons ist, der von strengen Corona-Maßnahmen, Verhaltensregeln und der Maskenpflicht begleitet wird.
„Der Trick beim Olympischen Dorf ist: Man versucht das Corona-Virus rauszuhalten“, sagte die Virologin Barbara Gärtner, die Beraterin des Deutschen Olympischen Sportbundes. „Für mich ist es einer der am besten überwachten Bereiche, die wir weltweit haben.“
Von den 438 deutschen Athleten sind über 90 Prozent geimpft
Mit Bewohnern, die hohe Impf- und Testraten haben sowie Athleten, die ihren Wettkampf machen wollten Angst vor einer Quarantäne hätten und sehr aufpassen würden. „Da ist jedes Studentenwohnheim kritischer“, meinte Gärtner. Überhaupt erwartet sie, dass die Tokio-Spiele insgesamt glimpflich über die Bühne gehen: „Ja. Davon gehe ich aus.“
Für die 438 nominierten deutschen Olympioniken, von denen mehr als 90 Prozent geimpft sind, sei alles getan worden, was man konnte. „Wir sind als Deutsche dafür bekannt, in diesen Dingen sehr gründlich zu sein“, sagte die Leiterin der Krankenhaushygiene im Institut für Medizinische Mikrobiologie des Uniklinikums des Saarlandes. „Ich wüsste nicht, was man außer einer Zwangsimpfung, die ich für völlig falsch halte, noch hätte tun müssen.“
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen des DOSB und der Organisatoren zum Leben in der Blase des Olympischen Dorfe reist bei den Athleten die Angst vor einer Ansteckung, Erkrankung und Quarantäne – und eines Olympia-Aus kurz vor dem Ziel – mit. „Das Risiko begleitet einen ständig“, sagte die Tokio-Starterin und Hindernisläuferin Elena Burkard, hofft nach langer Anreise aber auch: „Wenn man in der Olympia-Blase drin ist, glaube ich, ist man sicher.“
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Hundertprozentig überzeugt ist Fechter Max Hartung nicht, dass alles gut geht. „Es bleibt eine Restunsicherheit“, meinte der Präsident von Athleten Deutschland. „Man kann auch als Kontaktperson in Quarantäne geschickt werden, man kann sich trotz des Impfschutzes infizieren.“
Der Impfschutz sei für ihn aber eine gravierende Erleichterung. Er hätte die Trainingslager vor Olympia in Rom oder Hennef nicht so unbeschwert absolvieren können, wenn er nicht in einer Gruppe von Geimpften im Training gewesen wäre. „Wenn ich allein an den Flug nach Japan denke, wo sich Kontakte nicht vermeiden lassen, ist dieser Impfschutz ein großer Vorteil und eine große Beruhigung“, meinte Hartung.
Eingestellt hat er sich schon länger auf die zu erwartenden Restriktionen und eventuellen Risikobereiche im Olympischen Dorf. „Klar werden wir die Distanz und Hygieneregeln einhalten müssen“, sagte er. „Ich werde mir viel Take-Away-Essen holen, viel Zeit mit meinen Teamkollegen im Appartement verbringen und wenig sehen von anderen Athleten sowie anderen Sportarten und von dem tollen Land Japan. Was wir tun können ist: Im Zimmer bleiben!“ (dpa)