Wellnesshotel des Grauens
Blutrot eingefärbt leuchtet das Titelbild, auf dem eine Gestalt in Bademantel und Schlappen auf einem Flur mit Holzdielen und extravaganten Tapeten steht, während sich hinter ihr ein riesiger dämonisch wirkender Kopf in den Gang quetscht. Die weißen Lettern des Buchtitels scheinen durch ihre welligen Umrisslinien zu schlottern.
Der Schwede Erik Svetoft schafft schon auf dem phantastisch-unheimlichen Cover seines Comics „SPA“ (Übersetzung: Andreas Donat, Luftschacht Verlag, 328 S., 28 €) einen spektakulären Kontrast zu Assoziationen, die viele Menschen mit dem auf dem Titel stehenden Begriff haben (und trifft bei anderen womöglich genau ins Schwarze…).
Auf den folgenden Seiten beschließt ein Paar, sich ein Luxuswochenende zum Abschalten zu gönnen. Denn, wie die beiden recht nüchtern feststellen, in ihrer Wohnung liegen überall verwesende Körper herum. Das Spa-Resort, in dem sie einchecken, entpuppt sich allerdings als nicht minder grotesker Ort, ganz zu schweigen von den Leuten, die dort arbeiten oder logieren.
„SPA“ ist der erste Comic mit Text des Schweden Erik Svetoft, der zuvor vier Bücher mit wortlosen Kurzcomics veröffentlicht hat. Auch in dieser längeren Geschichte üben vor allem die großartigen Zeichnungen einen mächtigen Sog aus und laden ein, sich treiben zu lassen in immer surrealere Sphären des offenbar von innen vermodernden Luxushotels.
[Weitere Tagesspiegel-Artikel zu Horror-Comics gibt es hier: Von sensiblen Skeletten und wandelnden Toten, Ein Ausflug in die Hölle, Der Fluch der schwarzen Scheune.]
Die trockenen Texte in roten, dünnen Lettern setzen Akzente auf den schwarzweiß-grauen Seiten und konterkarieren zum Beispiel aufs Schönste typische Marketingfloskeln: „Wo Tradition auf Innovation trifft.“, sagt eine Hotelmitarbeiterin mit gleichgültiger Miene in einem Panel, ergänzt von zwei weiteren Beschäftigten in gleichformatigen Panels daneben, die mit ebenfalls unbewegten Gesichtsausdrücken ergänzen: „Motivation.“und „Innovation.“ Wunderbare Text-Bild-Scheren, und der teilnahmslose Tonfall ist geradezu zu hören.
Maskenhafte Gesichter, in Monster morphende Menschen, überzeichnete Gestalten und wucherndes Gewächs bevölkern Svetofts Welt. Und dann gibt es die beiden niedlich gezeichneten Figuren, die als „Techniker“ einen mysteriösen Wasserschaden im Resort beheben sollen und in bester Slapstickmanier einander versehentlich den Hammer auf den Kopf hauen, Rohre verdrehen und alles kaputtreparieren. Sie wirken einerseits wie lustige Pausenclowns, haben aber in ihrer Überdrehtheit etwas Unheimliches.
Auf Svetofts Seiten wechseln sich detailliert-opulente Fantastik und Horrorelemente mit klarer, sachlicher Gestaltung ab – ein wirkungsvoller Kontrast und alles in allem eine bildschöne Groteske.