Panama ist überall
Was braucht der Mensch im Winter? Eine warme Stube, viel Schokolade – und was zum Schmunzeln. Da kommt Janosch wie gerufen. Im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe huldigt man dem genialen Wortschöpfer und Illustrator jetzt mit einer großen Ausstellung. All seine witzigen Schöpfungen sind dort aufmarschiert: der kleine Bär, der kleine Tiger, der Mäusesheriff Onkel Popoff und Wondrak, der auf alle wichtigen Fragen des Lebens eine bestechende Antwort weiß. Zum Beispiel diese: „Was ist besser, Kaffee oder Tee?“ – „Tee ist gut fürs Denken. Aus dem Denken entstanden die entscheidenden Irrtümer der Menschheit. Also Kaffee.“ Oder jene: „Was tut man gegen den Trübsinn im November?“ – „Gar nichts. Man umarmt ihn wie einen Bruder. So macht es Wondrak. Im November fühlt er sich manchmal allein. Wenn der Trübsinn bei ihm ist, geht es ihm besser.“
Der in diesem Frühjahr 90 gewordene Janosch wurde als Horst Eckert in Oberschlesien geboren. Vielleicht war seine schwierige Kindheit mit einem gewalttätigen Vater ein Grund dafür, sich in Fantasiewelten zu flüchten. Sein Zeichentalent, aber vor allem sein Humor haben ihn zum Lebenskünstler reifen lassen. Er lässt seine Figuren sprechen, Interviews mag er nicht. „Ich bin wirklich Autist. Am liebsten wäre ich unsichtbar“, sagte er einmal. Der Künstler lebt seit 1980 auf Teneriffa.
150 originale Zeichnungen und Grafiken versammelt die Ausstellung. Verschiedene Ideen und Wege, den Herausforderungen des Alltags zu begegnen, werden ins Licht gerückt: Freundschaft und Musik, zu Hause und Unterwegssein, Essen und Kochen, Lügen und Fliegen.
“Bei Liebeskummer Apfelmus”
Einfach nur durch die fünf Ausstellungsräume zu schlendern, würde dieser Kunst nicht gerecht. Deshalb kann man sich dort auch auf den Boden legen, und mit dem Fernrohr den kleinen Bären an der Decke bestaunen, auf Leitern zum kleinen Tiger hinaufsteigen, sich die ulkigen Weisheiten von Prominenten vorlesen lassen oder in kuscheligen Etagenbetten in Janoschs’ Bücherwelten schmökern. Mehr als 150 Werke hat der Künstler geschaffen, die in rund 30 Sprachen übersetzt wurden. Botschaften wie diese sind international gültig: „Bei Liebeskummer Apfelmus“ oder die Antwort auf die Frage, was zu einem perfekten Fernsehabend gehört: „Man braucht jemanden, mit dem man sich vor den Fernseher setzen kann. Und wenn man genau den Richtigen hat, braucht man eigentlich gar keinen Fernseher mehr.“
1978 erschien Janoschs illustriertes Kinderbuch „Oh wie schön ist Panama“, in dem der kleine Bär und der kleine Tiger seltsame Abenteuer erleben. Es ist ein Klassiker, der noch viele Generationen begeistern wird. Und der Kinder lehrt, das Glück nicht in der Ferne zu suchen. Denn Bär und Tiger erreichen Panama nie, sie laufen im Kreis und kommen am Ende wieder zu Hause an. Dort, in ihrem ganz persönlichen Panama, machen sie es sich dann gemütlich. Das wäre heute noch so. Denn auf die Frage, was wäre eigentlich gewesen, wenn Tiger und Bär Smartphones gehabt hätten, antwortete der weise Wondrak: „Sie hätten Panama einfach gegoogelt und wären im Übrigen am Tisch sitzengeblieben.“
Die hölzerne Tigerente zum Hinterherziehen
Wie viele Kinder haben, kaum dass sie laufen konnten, die hölzerne Tigerente hinter sich herziehen dürfen? Janosch vorzulesen, war und ist auch für Eltern ein großes Vergnügen. Man bekommt beste Laune davon.
In der Ausstellung gibt es außerdem einen Postkartenwald, in dem man sich eine Karte pflücken und etwas draufschreiben kann. Danach: ab in den Briefkasten damit! Das Museum klebt später die Marke darauf. So kommen die Botschaften tatsächlich bei den Adressaten an. Wer nach dem Besuch der Ausstellung ins winterliche Hamburger Schmuddelwetter tritt, trägt in jedem Fall ein Lächeln im Gesicht. „Das Leben ist ein verdammt schönes Vergnügen“, hat Janosch erkannt. Und da hat er unbedingt recht.
Die Ausstellung ist zu sehen im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg bis 13. März 2022.