Musikerin Discovery Zone: Keine Angst vor Kitsch
Das Lobe Block-Terrassenhaus im Wedding hat einen prächtigen Garten. Dort will sich JJ Weihl zum Gespräch treffen. Auch, weil das am bequemsten für sie ist: Sie wohnt gleich ums Eck. Allerdings nur noch bei ihren Berlin-Besuchen. Denn nach 15 Jahren in der deutschen Hauptstadt ist sie Ende letzten Jahres zurück nach New York, zurück nach Manhattan gezogen.
In die Stadt, in der sie geboren wurde. Ihr Halbbruder habe dort eine Wohnung, sagt sie, und dass sie es unheimlich genieße, wieder daheim zu sein. „Ich habe New York vermisst“, sagt sie. Selbst wenn Donald Trump erneut Präsident der Vereinigten Staaten werden sollte, wolle sie dort bleiben.
Die Unterhaltung mit Weihl findet abwechselnd auf Deutsch und Englisch statt. Das Wetter ist blendend und sie lässt während des Gesprächs ihre Sonnenbrille auf. Für was genau die Initialen JJ stehen, möchte sie nicht verraten, sie werde eben schon immer so genannt, sagt sie.
Gerade ist sie auf Tour. Eben hatte sie noch Auftritte in Paris und London, nun ist Berlin an der Reihe. Anfang nächsten Monats geht es zurück in die USA und schon bald stehen weltweit weitere Konzerte an. Es läuft gerade gut für sie und ihr Soloprojekt Discovery Zone. Unter diesem Namen ist eben ihr zweites Album mit dem Titel „Quantum Web“ erschienen, das von der Kritik viel beachtet wurde.
Discovery Zone hat sich vor etwa sechs Jahren entwickelt, erzählt sie. Sie war da noch Teil der Berliner Band Fenster, die ein paar Alben veröffentlicht hatte. Weihl war Bassistin der Gurppe und Gelegenheitssängerin. Irgendwann war wohl die Zeit reif, dass die Mitglieder der Band eigene Wege gehen wollten und es entstanden in den letzten Jahren gleich mehrere Ableger von Fenster.
Während der Corona-Pandemie ist vor vier Jahren auch das Debütalbum von Discovery Zone erschienen. Es sei nicht einfach gewesen, in dieser Zeit, so Weihl. Touren wie jetzt waren ja nicht möglich. Umso mehr genieße sie es nun, als Musikerin um die Welt reisen zu dürfen.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Weihl hat eigentlich Film studiert. Bevor sie bei Fenster als Bassistin einstieg, konnte sie gar kein Instrument spielen, sagt sie. Inzwischen schreibt sie die Songs von Discovery Zone selbst und produziert diese weitgehend alleine. Hilfestellungen habe es auch bei ihrem zweiten Album von den Mitmusikern von Fenster gegeben.
Man kann durchaus den Weg von Fenster zu Discovery Zone erkennen. Die Band versuchte sich an ceasy Soft Rock, Weihl solo geht nun stärker in eine musikalische Richtung, die man Dream Pop nennt. Verhangene und verspulte Sounds, ätherischer Gesang, das alles gibt es bei Discovery Zone.
Bewunderung für Laurie Anderson und Julia Holter
Aber da ist noch mehr. Man hört sehr viele klapperige Drum-Computer in ihrer Musik und außerdem das Gebimmel von allerlei Glöckchen und sehr viele Halleffekte. Die Musik geht manchmal schon in Richtung New-Age und Fahrstuhlmusik. Angst vor Kitsch und Künstlichkeit scheint Weihl nicht zu haben. Auch ein Saxofon findet Verwendung in ihrer Musik, kein Jazzsaxofon, sondern ein schmeichlerisches Popsaxofon, wie es die Geschmackspolizei eigentlich verbieten würde.
„Nichts ist verboten in der Musik“, sagt nun aber Weihl. Gerade war sie beim Konzert der experimentellen Popmusikerin Julia Holter in Berlin, die sie demnächst auch auf einer Tour begleiten wird. Holter ist bekannt dafür, das Saxofon als schlüssiges Popmusikinstrument für sich entdeckt zu haben. Weihl berichtet, beim Konzert hatte Holter nun sogar einen Dudelsackspieler mit auf der Bühne, was hervorragend funktioniert habe.
Experimente, Scheuklappen ablegen, das ist wichtig für sie. Dafür bewundere sie auch die Musikerin und Künstlerin Laurie Anderson aus ihrer Heimatstadt New York. „Weniger wegen der Musik ist Laurie Anderson so wichtig für mich. Aber wegen ihrer Vision, Theater, Performancekunst, alles Mögliche miteinander zu verbinden.“
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Was ihre eigene Bühnenshow betrifft, ist Weihl noch weit entfernt von Dudelsackspielern und ähnlichem. Da sie vom Film komme, arbeite sie viel mit Visuals, stehe aber ansonsten alleine vor ein paar Geräten, bediene ein Theremin und schickt ihre Stimme durch einen Vocoder. Auch auf ihrem neuen Album wird ihr Gesang per Auto-Tune gehörig verformt.
Sie lebt nun nicht mehr in Deutschland, hat aber noch einen deutschen Pass. Und einen amerikanischen. Und sie ist Jüdin. „Als Amerikanerin, Deutsche und Jüdin ist es besonders wichtig, was ich auch öffentlich zum Nahostkonflikt zu sagen habe“, findet sie. Und sie sagt, sie sei „kritisch, was Deutschlands blinde Unterstützung Israels betrifft.“
Einer Boykottbewegung wie „Strike Germany“ würde sie sich deshalb jedoch nicht anschließen wollen. „Die USA unterstützen Israel ja genauso. Wenn ich Deutschland boykottieren wollte, müsste ich also auch die USA boykottieren.“
Aber ihre Positionen sind klar: „Israel ist ein Apartheidstaat, der meiner Meinung nach einen Genozid und Kriegsverbrechen in Gaza verübt.“ Nein, sie war noch nie in Israel, aber ihre israelischen Freunde und Freundinnen würden es so sehen wie sie. Die Menschen in Deutschland aber nicht.
„Wegen der deutschen Geschichte sind die Leute hier so indoktriniert worden, Israel zu unterstützen, dass sie nicht erkennen, was wirklich passiert“, sagt sie. In New York, ihrer neuen, alten Heimat, würde man in ihren Kreisen die Haltung Deutschlands zu Israel auch nicht mehr verstehen.