Komponist Udo Zimmermann gestorben
Ein bedeutender Komponist, der auch noch Karriere als Intendant macht – da gibt es wenige Beispiele. Rolf Liebermann fällt einem ein, legendär als Opernchef in Hamburg und Paris, doch dessen Musik ist völlig vergessen. Udo Zimmermanns Oper „Die weiße Rose“ über Hans und Sophie Scholl dagegen gehört zu den meistgespielten Werken des zeitgenössischen Musiktheaters. Als er zum ersten Mal die Geschichte der Widerständler in Töne setzte, war er so alt wie seine Protagonisten, 22 Jahre. 1967 kam das Stück am Dresdner Opernstudio heraus und wurde in der DDR vielfach nachgespielt. Als er 1986 das Thema erneut vertonte, diesmal als Kammeroper für zwei Personen, fand die Uraufführung in Hamburg statt – denn Zimmermann hatte sich in der Zwischenzeit auch im Westen als Komponist durchgesetzt.
Seine musikalische Prägung erfuhr der 1943 geborene Dresdner im Kreuzchor seiner Heimatstadt – und der Gesang sollte zeitlebens das Zentrum seiner Arbeit bilden. Nach dem Studium arbeitete Zimmermann ab 1968 als Assistent des Intendanten Walter Felsenstein an der Komischen Oper, zwei Jahre später wurde er Dramaturg an der Semperoper, ab 1979 unterrichtete er als Professor an der Dresdner Musikhochschule. Nachhaltige Wirkung erzielten die Uraufführungen seiner Opern „Levins Mühle“ 1973 sowie „Schuhu und die fliegende Prinzessin“ (Libretto Peter Hacks, 1976), beide Stücke wurden auch in der Bundesrepublik nachgespielt. 1974 gründete er in Dresden das „Studio Neue Musik“.
2001 kam er an die Deutsche Oper Berlin
Gleich nach der Wende trug man Udo Zimmermann die Intendanz der Leipziger Oper an, wo er programmatisch mit einem Schlüsselwerk der 1920er Jahre startete, Ernst Kreneks „Jonny spielt auf“. Nach erfolgreichen Jahren in Sachsen kam 2001 die Berufung an die Deutsche Oper Berlin, wo Udo Zimmermann als Nachfolger von Götz Friedrich seine Visionen allerdings nicht vollständig umzusetzen vermochte.
In Hellerau gründete er ein Kulturzentrum
In Erinnerung bleibt sein Einsatz für Klassiker der Moderne wie Messiaens „Saint Francois d’Assise“ und Schönbergs „Moses und Aron“. Die vom ihm engagierte Ofelia Sala wurde zum Publikumsliebling, nach 40 Jahren holte er die große Anja Silja zurück an die Deutsche Oper. Zimmermanns Ankündigung, Woody Allen für eine Regie gewinnen zu wollen, blieb folgenlos, mit Generalmusikdirektor Christian Thielemann lag er im Dauerstreit. 2003 musste er schließlich seinen Posten räumen.
Im Dresdner Vorort Hellerau konnte Zimmermann dann ein „Europäisches Zentrum der Künste“ entwickeln. Im Festspielhaus der 1909 als erste deutsche Gartenstadt gegründeten Reformsiedlung etablierte er einen Ort für Experimente aller Kunstgenres, dessen Leitung er aber 2008 abgeben musste. Anschließend begann Udo Zimmermann wieder zu komponieren, unter anderem ein Cello- und ein Violinkonzert. Im Alter von 78 Jahren ist der vielseitige Vordenker jetzt nach langer schwerer Krankheit in Dresden gestorben.